Bevor wir herausfinden, was das Mandat der Gemeinde Jesu Christi für Israel und dessen Volk ist, möchte ich zuerst eine kurze Definition für den Begriff "Mandat" geben.
Der Begriff Mandat, aus dem lateinischen "ex manu datum", meint „aus der Hand gegeben“. Ein Mandat ist eine Übertragung der Ausübung von Rechten auf eine andere Person. Es ist ein Auftrag, etwas
für jemanden auszuführen, sowie jemanden in einer Angelegenheit zu vertreten (ein Mandat übernehmen).
So ist das biblische Mandat ein Auftrag Gottes an Menschen, die Ihm dienen und in göttlicher Vollmacht wie auch in der Anordnung Gottes agieren, um dessen Willen und Plan durchzusetzen und
auszuführen.
Was ist gemäß dem Wort Gottes unser Auftrag an Israel?
- beten/Fürbitte leisten (Psalm 122,6; Jesaja 62,6-7, Römer 10,1)
- Liebe erweisen (Jesaja 43,1-4; Jeremia 31,3.9; Jesaja 41,10)
- Licht leuchten lassen/Zeuge sein (Matthäus 5,16; Römer 11,11; Apostelgeschichte 1,8)
- segnen (1. Mose 12,3; 1. Mose 27,29; 4. Mose 24,9; Matthäus 25,40.45)
- das jüdische Volk trösten (Jesaja 40,1-2)
- Juden bei der Heimkehr nach Israel helfen (Jesaja 49,22)
- Israel materiell/finanziell unterstützen (Römer 15,27)
Am Jakobsbrunnen sagte Jesus zu der Frau aus Samaria: "Ihr wisset nicht, was ihr anbetet; wir wissen aber, was wir anbeten, denn das Heil kommt von den Juden" (vgl. Joh
4,22). Mit "ihr" bezog sich Jesus auf die Samariter; mit ,"wir" bezog er sich auf die Juden. Folglich identifizierte er sich selbst mit den Juden; er sprach als einer von ihnen.
Im letzten Buch der Bibel, in Offenbarung 5,5, wird Jesus als "Löwe aus dem Stamm Juda" bezeichnet. Von dem Wort "Juda" leitet sich unser Wort "Jude" ab. Jeder von uns muss verstehen, dass sich
Jesus ganz besonders mit den Juden identifizierte. Diese Identifikation hörte nach seinem Leben hier auf Erden nicht auf, sondern wird nach seinem Tod und seiner Auferstehung durch die Heilige
Schrift hindurch bis in alle Ewigkeit aufrechterhalten.
So ist es für jeden von uns sehr wichtig, die Wahrheit dessen, was Jesus zu der Frau aus Samaria sagte, anzuerkennen: "Das Heil kommt von den Juden." Das ist eine unstrittige, historische
Tatsache. Ohne die Juden hätten wir keine Patriarchen, keine Propheten, keine Apostel, keine Bibel und keinen Heiland! Wenn uns all das fehlen würde, was gäbe es dann noch, was uns das Heil
bringen könnte? Nichts!
Alle anderen Nationen der Erde verdanken das Wertvollste an ihrem geistlichen Erbe den Juden. Das gilt für jeden von uns, ob wir nun Araber, Afrikaner, Asiaten oder Europäer sind, Russen,
Amerikaner oder Chinesen. In geistlicher Hinsicht sind wir alle, den Juden, sehr zu Dank verpflichtet und stehen in ihrer Schuld.
Die Bibel macht in Römer 11 sehr deutlich, was Gott von den Christen aller anderen Nationen verlangt. Paulus schreibt hier in erster Linie an Christen nichtjüdischer Herkunft. In Vers
13 sagt er: "Euch Heidenchristen aber sage ich..." (Menge). Er erinnert die Nichtjuden daran, was sie den Juden verdanken und warnt sie davor, Israel gegenüber eine hochmütige oder
undankbare Haltung einzunehmen. Eine Analyse dieses Kapitels wird zeigen, dass Paulus den Namen "Israel" für jene verwendet, die von ihrer natürlichen Abstammung her Juden sind, im Gegensatz zu
Christen, die nichtjüdischer Herkunft sind. Mit anderen Worten: Paulus verwendet "Israel" nicht gleichbedeutend mit "Leib Christi".
In Römer 11,30-31 fasst Paulus zusammen, was er über die Schuldigkeit und Verantwortung der Heidenchristen gegenüber Israel gesagt hat (zur Verdeutlichung sind die jeweiligen Worte -
entweder "Israel" oder "Heiden" - in Klammern neben die Fürwörter gesetzt):
"30 Denn wie ihr (Heiden) in der Vergangenheit Gott nicht geglaubt habt und dennoch jetzt durch deren (Israels) Unglauben Gnade empfangen habt, 31 so haben jene (Israel) jetzt auch Gott nicht
geglaubt, damit sie (Israel) durch eure (der Heiden) Gnade auch Gnade empfangen mögen." (wörtl. a. d. Engl.)
Mit anderen Worten: Aufgrund der Gnade Gottes, die uns Heidenchristen durch Israel zuteil geworden ist, möchte Gott, dass wir unsererseits Israel Gnade erweisen. Wie sollen wir dieser
Verpflichtung gerecht werden? Im folgenden werden vier praktische Wege in dieser Richtung aufgezeigt.
Erstens:
Wir können dem jüdischen Volk unsere aufrichtige und dauerhafte Liebe erweisen. Die meisten gängigen Formen des "Zeugnisgebens" oder "Predigens', wie sie von einigen Christen praktiziert werden,
erreichen das Herz der Juden nicht. Im Gegenteil, häufig werden jene dadurch nur verärgert oder entfremdet. Aber es ist erstaunlich, wie die vermeintlich harte Schale eines Juden schmilzt, wenn
er mit herzlicher, ungeheuchelter Liebe konfrontiert wird. In den neunzehn Jahrhunderten ihrer Zerstreuung unter andere Nationen haben die Juden eins nur sehr selten bekommen - Liebe! Hören wir
um Gottes Willen auf damit, das jüdische Volk immer nur "bekehren" zu wollen und fangen wir an, ihm die Liebe zu geben, die wir ihm seit so vielen Jahrhunderten schuldig sind.
Zweitens:
Paulus sagt in Römer 11,11: "Den Nationen (ist) das Heil geworden, um sie (Israel) zur Eifersucht zu reizen." Das ist eine weitere hervorragende Möglichkeit, wie wir den Juden
unsere Schuld zurückzahlen können indem wir uns so am Überfluss des Segens Gottes in Christus erfreuen und dies demonstrieren, dass die Juden darauf eifersüchtig werden und das, was sie an uns
sehen, auch haben möchten. Dieser Segen sollte überall in unserem Leben, im geistlichen, körperlichen, finanziellen und materiellen Bereich sichtbar sein. Vor allem aber soll er sich in unserem
Zusammenleben als Christen erweisen, in einem Leben der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freude im Heiligen Geist.
Doch leider haben die Juden im Lauf der Jahrhunderte an den Christen nur wenig gefunden, was ihre Eifersucht erweckt hätte. In erster Linie haben sie unzählige Splittergruppen gesehen, die
allesamt den Titel "Christen" für sich beanspruchen, die einander kritisieren, ja sogar umbringen und das alles im Namen des Christentums. Nirgends ist die Zwietracht unter Christen
offensichtlicher als in der Stadt, die Christen und Juden gleichermaßen heilig ist, in Jerusalem. An den sogenannten "heiligen Stätten" sind die Mitglieder verschiedener christlicher Strömungen
schon häufig zusammengestoßen und haben das Blut der anderen vergossen um ihren rechten Glauben zu beweisen und ihre Schreine und Privilegien zu verteidigen. Seit der Staatsgründung Israels haben
sich mehr als einmal Missionare einer christlichen Gruppe beim jüdischen Minister für Religionsangelegenheiten über die Vertreter einer anderen christlichen Gruppe beschwert und um deren
Abschiebung gebeten. All das wird die Juden wohl kaum dazu hinreißen zu sagen: "Seht nur, welche Liebe diese Christen untereinander haben!"
Drittens:
Die Bibel ermahnt uns, im Gebet das Beste für Israel zu suchen: "Bittet um Frieden für Jerusalem: ‚Heil denen, die dich lieben!" (vgl. Psalm 122,6) Um effektiv in diese Richtung
beten zu können, müssen wir in der Heiligen Schrift nach den Zielen Gottes für Israel und für Jerusalem forschen und anschließend beginnen, intelligent und beharrlich für die Umsetzung und
Erfüllung dieser Ziele zu beten. Im Laufe dieser bibelorientierten Betrachtung werden wir eines feststellen: Es ist festgesetzt, das letztendlich Gerechtigkeit und Friede für alle Nationen der
Erde von Jerusalem ausgehen soll; somit ist das Wohlergehen aller Nationen in diesem Gebet für Jerusalem mit eingeschlossen und hängt von dessen Erfüllung ab.
Ein ermutigendes biblisches Vorbild für diese Art von Gebet ist Daniel, der sich vorgenommen hatte, dreimal täglich am Fenster, das in Richtung Jerusalem geöffnet ist, zu beten. Daniels Gebete
haben Satan so sehr gestört und sein Reich so sehr bedroht, dass dieser sich die Eifersucht böser Menschen zunutze machte, um die Gesetze des persischen Reiches zu ändern und somit Daniels Gebet
für illegal zu erklären. Andererseits bedeuteten Daniel seine Gebete für Jerusalem so viel, dass er sich lieber in die Löwengrube werfen ließ, als mit dem Beten aufzuhören. Letztlich überwanden
Daniels Glaube und Mut den satanischen Widerstand, und er kam siegreich wieder aus der Löwengrube heraus um weiter für Jerusalem zu beten (vgl. Daniel 6).
Eine solche Verpflichtung, für Jerusalem und Israel zu beten, wird ganz sicher ein gewisses Maß an Widerstand von Mächten auf den Plan rufen, die von Satan gelenkt werden. Andererseits wird man
auch herausfinden, dass sich Gottes Verheißung "Wohl denen, die dich lieben!" für alle, die so beten, bewahrheiten wird. Das ist ein biblischer Weg zu Wohlstand, nicht nur in finanzieller oder
materieller Hinsicht, sondern in Form einer dauerhaften Zusicherung der Gunst, Fürsorge und Bewahrung Gottes.
Viertens:
Wir können unsere Schuld gegenüber Israel zurückzahlen, indem wir praktische Zeichen der Freundlichkeit und Gnade setzen. In Römer 12,68 führt Paulus sieben verschiedene Gaben (charismata) auf,
die Christen pflegen und ausüben sollten. Als letztes erwähnt er "Barmherzigkeit üben". Ich glaube, es ist angemessen, dass wir Christen diese Gabe nicht nur in Bezug auf einzelne Juden ausüben,
sondern in Bezug auf Israel als Nation. Auf diese Weise können wir in gewissem Maße die zahllosen Ungerechtigkeiten, Grausamkeiten und die Barbarei sühnen, die im Lauf der Jahrhunderte an den
Juden verübt worden ist; oftmals im Namen des Christentums.
Nur wenige nichtjüdische Christen sind sich dessen bewußt, welche tief verwurzelte, wenngleich auch selten offen ausgesprochene Haltung die Juden ihnen gegenüber haben. Die Juden haben unter
vielen verschiedenen Formen der Verfolgung durch viele verschiedene Völker gelitten, doch ihrer Sichtweise der Geschichte zufolge waren es die Christen, die sie am grausamsten und
unnachgiebigsten verfolgt haben. Bevor wir diese Auffassung als unwahr oder unfair abtun, sollten wir einen kurzen Blick auf die geschichtlichen Tatsachen werfen, auf denen sie basiert:
Im Mittelalter rotteten die Kreuzfahrer, die sich aufgemacht hatten, das Heilige Land zu „befreien“, auf ihrem Weg durch Europa ganze jüdische Gemeinden aus, viele hundert Männer, Frauen und
Kinder. Später, als sie schließlich Jerusalem erfolgreich eingenommen hatten, vergossen sie mehr Blut und legten mehr Grausamkeit an den Tag als die vielen anderen Eroberer Jerusalems vor ihnen,
vielleicht mit Ausnahme der Römer unter Titus. All das taten sie im Namen Christi und unter dem heiligen Wahrzeichen des Kreuzes (aus diesem Grund bin ich persönlich nie glücklich darüber, wenn
man, wie es in der englischsprachigen Welt oft der Fall ist, eine gute Evangelisation als „Kreuzzug“ bezeichnet).
Später, in den europäischen und russischen Ghettos, waren es christliche Priester, die Kruzifixe trugen und den Mob gegen die jüdischen Gemeinden aufhetzten ihre Häuser und Synagogen wurden
geplündert und angezündet, ihre Frauen wurden vergewaltigt und jene, die sich verteidigen wollten, wurden umgebracht. Das wurde damit gerechtfertigt, dass es die Juden waren, die „Christus
getötet haben“.
Die Erinnerung an die Nazis ist noch frischer; in ihrer systematischen Vernichtung von sechs Millionen Juden in Europa benutzten sie bekennende Christen, hauptsächlich Lutheraner oder Katholiken
als ihre Werkzeuge. Darüber hinaus erhob keine größere christliche Gruppe in Europa oder anderswo ihre Stimme, um gegen die Politik der Nazis gegenüber den Juden zu protestieren oder zu sie
verurteilen. In den Augen der Juden haben sich unzählige Christen allein durch ihr Schweigen schuldig gemacht.
Um die Auswirkungen dieser und zahlloser anderer vergleichbarer Erfahrungen auf das jüdische Volk ungeschehen zu machen, bedarf es mehr als Traktate und Predigten. Individuelles und kollektives
Handeln ist notwendig, Taten, die ganz offensichtlich genauso liebevoll und barmherzig sind, wie die früheren Taten ungerecht und grausam waren.
Schließlich dürfen wir nie vergessen, dass das Gericht Gottes über allen anderen Nationen entscheidend davon bestimmt werden wird, wie sich jene gegenüber den Juden verhalten haben. In
Matthäus 25,31-46 sehen wir Christus, der am Ende der Zeit als König auf seinem Thron sitzt und vor dem alle Nationen zum Gericht erscheinen. Sie werden in zwei Gruppen eingeteilt, in
"Schafe", die in das Reich Christi eingelassen werden und in "Böcke", die aus seinem Reich hinausgestoßen werden. In beiden Fällen nennt Christus folgende Begründung: "Was ihr getan oder nicht
getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern..." Die Nationen, die den Juden Barmherzigkeit erweisen, werden von Gott Barmherzigkeit empfangen; den Nationen, die den Juden die
Barmherzigkeit verweigern, wird auch Gott die Barmherzigkeit verweigern.
In gewissem Maße hat sich dies schon oft in der Geschichte bewahrheitet. So war Spanien beispielsweise im 15. und 16. Jahrhundert die mächtigste Nation in Europa. Es hatte eine hoch entwickelte
Kultur, mächtige Land- und Seestreitkräfte und ein Reich, das sich von der Alten bis zur Neuen Welt erstreckte. Doch innerhalb des einen Jahrhunderts, in dem es alle Juden aus seinen Gebieten
vertrieb, erlebte Spanien seinen Niedergang und wurde zu einer zweitklassigen Macht mit immensen Schwierigkeiten.
Dasselbe widerfuhr auch Großbritannien. Großbritannien ging aus beiden Weltkriegen als Sieger hervor und hatte ein Imperium, das vielleicht das größte in der Geschichte der Menschheit war. Doch
in den Jahren 1947/48, als Großbritannien Palästina verwaltete, wollte es die Wiedergeburt Israels als souveräne Nation mit eigenem Staatsgebiet verhindern. Ab diesem geschichtlichen Zeitpunkt
erlebte das britische Empire einen steten Niedergang und Zerfall, der so schnell und umfassend war, dass man ihn nicht allein mit politischen, militärischen oder wirtschaftlichen Faktoren
erklären kann. Heute ist Großbritannien wie Spanien eine zweitklassige Macht, die mit gewaltigen Problemen zu kämpfen hat.
Das sind zumindest zum Teil die Auswirkungen eines göttlichen Prinzips, das in Jesaja 60,12 beschrieben wird:
"Denn welche Völker und Königreiche dir nicht dienen wollen, die sollen umkommen und die Völker verwüstet werden." Hier verheißt Gott Israel und warnt alle Heiden, dass er das Gericht über
jede Nation bringen wird, die sich seinen Zielen der Erlösung und Wiederherstellung Israels widersetzt. Deshalb müssen sich nichtjüdische Christen, wenn sie das Beste für Israel suchen und
erbitten, daran erinnern, dass sie nicht nur im Interesse Israels handeln, sondern sogar noch mehr im Interesse ihrer eigenen Nation.
Quellen:
• IBL - Was wir Israel schuldig sind
• eigene Anmerkungen
Gottes Segen Euch allen!
1. Thessalonicher 5,23
"Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!"
Amen