Die Septuaginta

(Septuaginta = lat. "siebzig", in römischen Zahlen "LXX")

 

Die Septuaginta, Abk. LXX, griech. hē metaphrasis tōn hebdomēkonta / μετάφρασις τῶν ἑβδομήκοντα "Übersetzung der Siebzig", auch griechisches Altes Testament genannt, ist eine Übersetzung der hebräisch-aramäischen Heiligen Schrift aus dem 2. - 3. Jahrhundert v.Chr. in die damalige altgriechische Alltagssprache Koine. Damit ist die Septuaginta die älteste durchgehende Übersetzung des Alten Testaments. Sie war das Buch, durch das die griechische Welt zum ersten Mal mit der alttestamentlichen Offenbarung näher bekannt wurde. Die Übersetzung entstand ab etwa 300-200 v.Chr. im hellenistischen Judentum, vorwiegend in Alexandria, Ägypten, wo es eine große jüdische Gemeinde und das nötige soziale und kulturelle Umfeld für ein solches Unternehmen gab. Da die Juden aus ihrer Heimat, in die alexandrinische Diaspora, vertrieben und zerstreut wurden, und das Hebräische nicht mehr verstanden, ergab sich dadurch die Notwendigkeit, die Heiligen Schriften in der Verkehrssprache jener Zeit zu haben, für die Griechisch die Sprache ihres Alltagsleben war. Naturgemäß wurde zuerst der für das Judentum wichtigste Teil, die Tora, übersetzt, der nach und nach die anderen Bücher folgten. Die meisten Bücher waren bis etwa 100 v.Chr. übersetzt, die restlichen Bücher folgten bis 100 n.Chr.

 

Der fiktive Bericht des Aristeasbriefes (um 100 v.Chr.) ist der unmittelbare Anlass für den Namen Septuaginta und ihr Kürzel (LXX). Nach dessen Legende, haben 72 Gelehrte (je sechs aus jedem der zwölf Stämme Israels) das Übersetzungswerk vollbracht (siehe weiter unten "Aristeasbrief"). Dabei soll jeder Übersetzer für sich selbst gearbeitet haben. Am Ende aber seien alle 72 Übersetzungen absolut identisch gewesen. Der Heilige Geist habe allen dieselben Worte eingegeben. Die Zahl 72 wurde auf 70 abgerundet und erinnert an die siebzig Auserwählten, die mit Gottes Geist begabt wurden, um Mose bei der Rechtsprechung zu helfen (vgl. 4Mo 11,24ff).

 

Sowohl Septuaginta als auch LXX sind lateinische Bezeichnungen. Der übliche griechische Titel ist auch "Kata tous Hebdomêkonta" (griech. Κατὰ τοὺς ἑβδομήκοντα), was "Nach den Siebzig" bedeutet.

 

Für die griechisch-sprechenden Christen der ersten Stunde war die Septuaginta die Heilige Schrift. Bald wurde diese Übersetzung überall dort benutzt, wo es im Mittelmeerraum Synagogen gab. Wenn im Neuen Testament Texte aus dem Alten Testament zitiert werden, wird sehr oft die Septuaginta zitiert. Die Septuaginta war für die ersten Christen deshalb von großer Bedeutung, weil sie durch diese Übersetzung bei ihrer Verkündigung Zugang zur ganzen Welt der Antike hatten, in der weitestgehend die griechische Sprache gesprochen wurde.

 

Kanon

Die Septuaginta enthält neben den traditionell dem Tanach zugeordneten Büchern auch einige Texte, die im Christentum als Apokryphen oder deuterokanonische Bücher bekannt sind und die im Judentum als uninspiriert abgelehnt werden und niemals zum hebräischen Kanon gehörten. Diese Bücher sind mit (*) markiert, wobei (*) = bei Protestanten abgelehnt, bei Katholiken und Orthodoxen anerkannt, (**) = bei Protestanten und Katholiken abgelehnt, bei Orthodoxen anerkannt, (***) = nicht anerkannt.

 

ΓΕΝΕΣΙΣ - Genesis

ΕΞΟΔΟΣ - Exodus

ΛΕΥΙΤΙΚΟΝ - Levitikus

ΑΡΙΘΜΟΙ - Numeri

ΔΕΥΤΕΡΟΝΟΜΙΟΝ - Deuteronomium

ΙΗΣΟΥΣ ΝΑΥΗ - Josua oder "Jesus, der Sohn des Navi"

ΚΡΙΤΑΙ - Richter

ΡΟΥΘ - Rut

ΒΑΣΙΛΕΙΩΝ Α - Das 1. Buch der Königtümer (1. Buch Samuel)

ΒΑΣΙΛΕΙΩΝ Β - Das 2. Buch der Königtümer (2. Buch Samuel)

ΒΑΣΙΛΕΙΩΝ Γ - Das 3. Buch der Königtümer (1. Buch der Könige)

ΒΑΣΙΛΕΙΩΝ Δ - Das 4. Buch der Königtümer (2. Buch der Könige)

ΠΑΡΑΛΕΙΠΟΜΕΝΩΝ Α - Das 1. Buch der Auslassungen (1. Buch der Chronik)

ΠΑΡΑΛΕΙΠΟΜΕΝΩΝ Β - Das 2. Buch der Auslassungen (2. Buch der Chronik)

ΕΣΔΡΑΣ Α - (**) Das 1. Buch Esdras (im katholischen Bereich auch 3. Esra genannt)

ΕΣΔΡΑΣ Β, ΝΕΕΜΙΑΣ - Das 2. Buch Esdras (Esra, Nehemia)

ΕΣΘΗΡ - Ester (Zusätze sind (*))

ΙΟΥΔΙΘ - (*) Judit (Judith)

ΤΩΒΙΤ - (*) Tobit (Tobith, Tobias)

ΜΑΚΚΑΒΑΙΩΝ Α - (*) Das 1. Buch der Makkabäer

ΜΑΚΚΑΒΑΙΩΝ Β - (*) Das 2. Buch der Makkabäer

ΜΑΚΚΑΒΑΙΩΝ Γ - (**) Das 3. Buch der Makkabäer

ΜΑΚΚΑΒΑΙΩΝ Δ - (***) Das 4. Buch der Makkabäer

ΨΑΛΜΟΙ - Das Buch der Psalmen

ΩΔΑΙ (darunter ΠΡΟΣΕΥΧΗ ΜΑΝΑΣΣΗ) - (***) Das Buch der Oden (mit dem Gebet des Manasse)

ΠΑΡΟΙΜΙΑΙ - Das Buch der Sprichwörter, auch die Sprüche Salomos

ΕΚΚΛΗΣΙΑΣΤΗΣ - Das Buch Kohelet, auch der Prediger Salomo oder Ecclesiastes

ΑΣΜΑ - Das Buch des Hohen Liedes

ΙΩΒ - Das Buch Ijob (Hiob, Job)

ΣΟΦΙΑ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ - (*) Die Weisheit Salomos

ΣΟΦΙΑ ΣΕΙΡΑΧ - (*) Jesus Sirach / Siracides / Ecclesiasticus / Die Weisheit Sirachs

ΨΑΛΜΟΙ ΣΟΛΟΜΩΝΤΟΣ - (***) Das Buch der Psalmen Salomos

ΩΣΗΕ - Das Buch Hosea oder Osee

ΑΜΩΣ - Das Buch Amos

ΜΙΧΑΙΑΣ - Das Buch Micha oder Michäas

ΙΩΗΛ - Das Buch Joel

ΟΒΔΙΟΥ - Das Buch Obadja oder Obdiou

ΙΩΝΑΣ - Das Buch Jona oder Jonas

ΝΑΟΥΜ - Das Buch Nahum

ΑΜΒΑΚΟΥΜ - Das Buch Habakuk oder Ambakoum

ΣΟΦΟΝΙΑΣ - Das Buch Zefanja (Zephanja oder Sophonias)

ΑΓΓΑΙΟΣ - Das Buch Haggai (Aggaeus)

ΖΑΧΑΡΙΑΣ - Das Buch Sacharja (Zacharias)

ΜΑΛΑΧΙΑΣ - Das Buch Maleachi (Malachias)

ΗΣΑΙΑΣ - Das Buch Jesaja

ΙΕΡΕΜΙΑΣ - Das Buch Jeremia

ΒΑΡΟΥΧ - (*) Das Buch Baruch

ΘΡΗΝΟΙ - Klagelieder Jeremias

ΕΠΙΣΤΟΛΗ ΙΕΡΕΜΙΟΥ - (*) Brief des Jeremia (im katholischen Raum: Baruch, Kapitel 6)

ΙΕΖΕΚΙΗΛ - Das Buch Ezechiel (Hesekiel, Jezekiel)

ΣΩΣΑΝΝΑ - (*) Susanna

ΔΑΝΙΗΛ (mit ΤΩΝ ΤΡΙΩΝ ΠΑΙΔΩΝ ΑΙΝΕΣΙΣ) - Das Buch Daniel (mit dem Gebet des Asarja und dem Lobgesang der drei Jünglinge (*)

ΒΗΛ ΚΑΙ ΔΡΑΚΩΝ - (*) Bel und der Drache

 

Aristeasbrief

Nach einer Legende, sollen 72 Gelehrte (je sechs aus jedem der zwölf Stämme Israels) das Übersetzungswerk der Septuaginta vollbracht haben. Diese genannte Legende geht auf den so genannten Aristeasbrief zurück, der als Entstehungszeit einer Übersetzung des hebräischen Pentateuchs ins (Koine-)Griechisch die Regierungszeit Ptolemaios II. angibt (der angebliche Verfasser darf nicht mit dem gleichnamigen Dichter Aristeas verwechselt werden). Nachdem Demetrius von Phaleron, der angebliche Vorsteher der Bibliothek von Alexandria die jüdische Tora in seine griechische Bibliothek aufnehmen wollte, habe der jüdische Hohepriester Eleazar auf Bitten des Ptolemäerkönigs die besagten 72 jüdischen Gelehrten nach Alexandria entsandt. Diese hätten kostbare Schriftrollen mit sich geführt und die Übersetzung auf der Insel Pharos innerhalb von 72 Tagen vollendet. Demetrius habe den Text aufgezeichnet. Der Verfasser des Briefes gibt an, an den Vorgängen teilgehabt zu haben. Bevor die Übersetzung dem König präsentiert wurde, sei sie der jüdischen Gemeinde Alexandrias vorgestellt und von dieser akzeptiert worden und stellten jegliche Veränderung unter einen Fluch.

 

Die Geschichte des Aristeasbriefes wurde bereits von Josephus Flavius aufgegriffen, und Philo von Alexandria weitete die Legende dahin aus, dass alle 72 Gelehrten in unabhängiger Arbeit zum identischen Ergebnis gekommen seien. Die Kirchenväter folgten der Legende und erweiterten die Übersetzungstätigkeit auf das gesamte Alte Testament.

 

Doch ist fraglich, ob es wirklich der Ptolemäerkönig war, der den Anlass zur Übersetzung gegeben hat. Es gibt in der Übersetzung selbst keine Hinweise darauf, dass sie als durch König Ptolemaios offiziell veranlasstes Dokument zu verstehen ist; im Gegenteil ist sie eine durch und durch jüdische Schrift. So wird zumeist angenommen, dass innere Gründe der jüdischen Gemeinde zu der Übersetzung führten. Abnehmende Kenntnisse des Hebräischen mögen wohl der Anlass gewesen sein.

 

Heute wird allgemein angenommen, dass die im Aristeasbrief dargebotene Geschichte als Legende anzusehen ist.

 

Textgeschichte

Der Text der Septuaginta geht wohl kaum auf eine einheitliche Übersetzergruppe zurück. Vielmehr weichen Stil und Genauigkeit der Übersetzung in den einzelnen Büchern so weit voneinander ab, dass eine unabhängige Entstehung zumindest einzelner Teile der Übersetzung angenommen werden muss.

Heute nimmt man an, dass die ursprüngliche Übersetzung um 250 v.Chr. – in der Regierungszeit von Ptolemaios II. – nur den Pentateuch (d.h. die 5 Bücher Mose) umfasste und dass die übrigen Bücher nach und nach übersetzt wurden. Im Vorwort des griechischen Übersetzers von Jesus Sirach (ca. 132 v.Chr.) ist die Rede von einer griechischen Übersetzung "des Gesetzes, der Propheten und der übrigen Bücher". Aus diesem Grund geht man davon aus, dass zu dieser Zeit das ganze Alte Testament in griechischer Übersetzung vorlag. Aus diesem Vorwort seien einige Zeilen zitiert, die die Übersetzungsproblematik verdeutlichen:

 

"Ihr seid gebeten, mit Wohlwollen und Aufmerksamkeit die Lesung vorzunehmen und Nachsicht zu üben, falls wir vielleicht einige der schwer zu übersetzenden Ausdrücke unzulänglich wiedergegeben haben. Es hat ja etwas nicht die gleiche Bedeutung, wenn es in der hebräischen Grundsprache gelesen wird und wenn es in eine andere Sprache übersetzt wird. Aber nicht nur das vorliegende Werk, sondern auch das Gesetz selbst, die Propheten und die übrigen Bücher weisen keinen geringen Unterschied auf, wenn man sie in der Grundsprache liest".

 

Eine der ältesten mehr oder weniger vollständigen Handschriften, welche die Septuaginta enthält, ist der Codex Sinaiticus aus dem 4. Jahrhundert n.Chr. Jedoch sind einzelne Seiten und Seitenfragmente bis zurück ins 2. Jahrhundert v.Chr. zu datieren (die ältesten fast vollständig erhaltenen Handschriften der hebräischen Bibel, siehe Masoretischer Text, sind dagegen erst aus dem 10. Jahrhundert n.Chr.). Die berühmten Schriftrollen vom Toten Meer, die Qumran-Funde, haben gezeigt, dass die Septuaginta als eine sehr alte und wertvolle Übersetzung erachtet werden muss.

 

Die Septuaginta zeigte schon immer eine leicht andere Textfassung als die der hebräischen Bibel. Zur Reformationszeit nahm man an, dass sich die Übersetzer um 200 v.Chr. allzu viele Freiheiten herausgenommen hätten, bzw. den Text sogar verfälschend und entstellend wiedergegeben hätten. Diese Sichtweise ist jedoch nach heutigem Erkenntnisstand nicht uneingeschränkt haltbar. Unter den Qumran-Rollen entdeckte man hebräische Bibeltexte, die von der überlieferten hebräischen Fassung abwichen, aber mit der überlieferten griechischen Übersetzung übereinstimmten. Diese Qumrantexte legen die Annahme nahe, dass die Übersetzer der Septuaginta auf Basis einer anderen Textgrundlage gearbeitet haben, viele der Unterschiede also bereits vor der Übersetzung innerhalb der hebräischen Überlieferung entstanden waren.

 

Einigen Büchern der Septuaginta liegt offenbar ein selbst nicht überlieferter hebräischer Text zugrunde, der weder mit dem Masoretischen Text noch mit dem Samaritischen Text oder den durch die Schriftrollen vom Toten Meer bezeugten Varianten übereinstimmt.

 

Weitere Entwicklung

Im Judentum, aus dem heraus die Septuaginta ursprünglich erstellt wurde, verlor sie seit der Zeitwende immer mehr an Einfluss, dies obwohl sich aus dem Vergleich unterschiedlicher griechischer und hebräischer Textrezensionen ergibt, dass die Septuaginta auf einem eigenständigen, teilweise älteren hebräischen Text basiert als dem, der später im Judentum kanonisiert wurde. Mit der Vereinheitlichung des hebräischen Textes in nachchristlicher Zeit gingen Bestrebungen einher, alle anderen Texttypen zu vernichten. Sichere Reste jüdischer Septuaginta-Handschriften sind daher sehr selten.

 

Es darf allerdings nicht übersehen werden, dass die Septuaginta sehr überraschend schnell die offizielle Bibel der hellenistischen Juden geworden war und auch in den Synagogen verwendet wurde. Da ein Großteil des Urchristentums aus dieser Gruppe hervorging (sogenannte Hellenisten) verwundert es auch nicht, dass das Alte Testament von den Verfassern des (griechisch geschriebenen) Neuen Testamentes nach der Septuaginta zitiert wurde. Auch die meisten Kirchenväter zitierten das Alte Testament nach der Septuaginta. Die Tatsache, dass mithilfe der Septuaginta von den christlichen Schriftstellern gegen das Judentum polemisiert wurde, bewirkte eine Abkehr der Juden von der Septuaginta und jüdische Bestrebungen zur Wiedergewinnung einer integreren hebräischen Textfassung in nachchristlicher Zeit. Die späteren Übersetzungen ins Griechische durch den jüdischen Proselyten Aquila (2. Jahrhundert n.Chr.), durch Symmachos (gegen Ende des 2. Jahrhundert n.Chr.) und durch Theodotion, einen Eboniten aus Ephesos, sind leider so unvollständig überliefert, dass sie keinen wirklichen Vergleich erlauben. Außerdem warfen jüdische Theologen christlichen Schreibern vor, die Septuaginta bewusst zu verändern, um einen Text zu haben, der der christlichen Lehre näher sei. Christlicherseits wurde dies mit dem Vorwurf beantwortet, die Septuaginta-Lesarten entsprächen der älteren jüdischen Tradition, derer man sich nun im Judentum entledige, um das Christentum als nichtjüdisch darstellen zu können.

 

Wahrscheinlich ist, dass an vielen Stellen der Septuaginta der hebräische Ursprungstext zugunsten einem besseren Verständnis durch die hellenistische Welt verändert wurde. Als markantes Beispiel sei 2. Mose 3,14 genannt. Während der Hebräische Text den Namen Gottes übersetzt mit: "Ich bin der ich bin" (oder "ich werde sein, der ich sein werde"), lautet die Septuagintaversion: "Ich bin das Sein".

 

Das Christentum der Alten Kirche zog die Septuaginta vor, da nur wenige Kirchenväter des Hebräischen mächtig waren, und weil die Lesarten der Septuaginta-Übersetzer oft dem christlichen Denken nahe kamen. Zudem wurde so die christlicherseits postulierte Einheit des Alten Testaments mit dem auf Griechisch abgefassten Neuen Testament stärker deutlich. Für das Alte Testament seiner deutschen Bibelübersetzung verwandte Martin Luther jedoch nicht die Septuaginta oder die damals im westkirchlichen Bereich ausschließlich maßgebliche lateinische Vulgata, sondern den hebräischen Text, weshalb bis heute Bibeln von Protestanten und Katholiken unterschiedlichen Umfang haben.

 

Heutiger Gebrauch

Die Septuaginta ist in der orthodoxen Kirche auch heute noch die wichtigste Version des Alten Testaments. In Griechenland und Zypern wird sie bis heute im Gottesdienst gebraucht. Die meisten anderen orthodoxen Kirchen benutzen ein Altes Testament, das aus der Septuaginta in die jeweilige Landessprache übersetzt ist.

 

Die römisch-katholische Kirche benutzte dagegen über mehr als ein Jahrtausend die Vulgata, eine Übersetzung der Bibel durch Hieronymus ins Lateinische. Hieronymus, einer der wenigen guten Hebräischkenner der alten Kirche, hatte gegenüber der Septuaginta hebräische Texte als Übersetzungsgrundlage bevorzugt. Allerdings ist weder die Qualität der zugrundeliegenden hebräischen Textrezensionen bekannt noch war es ihm möglich, den bis dahin quasi kanonisierten Text der Septuaginta in allen Lesarten zu verwerfen. Viele Übereinstimmungen zwischen Vulgata und Septuaginta gegenüber dem Masoretischen Text dürften auf diese Beeinflussung zurückzuführen sein und nicht auf einem gemeinsamen (unbekannten) Ursprungstext beruhen. Andererseits führten die Arbeiten der Masoreten zu einer Vereinheitlichung des Textes und einer Ausscheidung aller alternativen Lesarten. Die Septuaginta wird bei aller Problematik bezüglich der Qualität der Übersetzung und der Überlieferung, auch weiter eine wichtige Rolle in der Forschung spielen, weil sie aus einem nicht-uniformierten Text hergestellt ist und somit Einblicke in den vormasoretischen Text erlaubt.

 

Neuere katholische Bibelübersetzungen, wie z.B. die deutsche Einheitsübersetzung, greifen oft wieder auf einzelne Lesarten der Septuaginta zurück, wenn diese einem lokal entstellten oder unklaren hebräischen Text überlegen scheinen.

 

Für die Textkritik ist festzuhalten, dass dem Masoretischen Text nicht generell der Vorzug vor der Lesart der Septuaginta gegeben werden kann. Besonders deutlich wird die Problematik der Textüberlieferung bei den Schriftrollen vom Toten Meer. Diese stimmen teilweise mit dem Masoretischen Text, teilweise mit der Septuaginta und teilweise mit keinem der beiden Texte überein. Im Übrigen bietet die Septuaginta oft die einzige Möglichkeit, die Wortbedeutung einzigartiger Redewendungen (Hapax Legomenon) des Hebräischen Textes zu übersetzen - denn im Gegensatz zum Althebräischen, in dem außer der Bibel kaum andere Texte überliefert sind, ist das Altgriechische eine wesentlich besser überlieferte Sprache mit umfangreichen Vergleichsmöglichkeiten.

 

Handschriften

Die handschriftlichen Überlieferungen der Septuaginta sind sehr umfangreich. Wir kennen von der Septuaginta eine große Anzahl Handschriften, die bedeutend älter sind als die masoretischen Texte. Von ihr sind etwa 2000 verschiedene Handschriften oder Handschriftenfragmente erhalten. Darunter befinden sich eine Reihe Codizes aus Pergament, die nach dem vierten Jahrhundert entstanden sind und Teile der ganzen griechischen Bibel sowie eine Anzahl Papyrus Fragmente aus der Zeit nach dem zweiten Jahrhundert vor Christus enthalten. Dazu gehören der Papyrus-Greek 458 (d.h. der griechische Papyrus Nr. 458 der John-Rylands-Bibliothek in Manchester), der Mitte des zweiten Jahrhunderts v.Chr. entstand; der Papyrus Fouad 266 (1. oder spätes 2. Jahrhundert v.Chr.) und die 1952 gefundene "Zwölfprophetenrolle", die etwa zu Beginn unserer Zeitrechnung entstand. Auch gilt für die Septuaginta, dass sie sich im Wesentlichen eng an den Masoreten-Text hält was schon wieder ein treffender Beweis für ihre Genauigkeit ist. Die Abweichungen der Septuaginta verdienen aber große Aufmerksamkeit, weil sie sich auf einen sehr alten hebräischen Text stützt. Oft stimmt die Septuaginta dort, wo sie vom masoretischen Text abweicht, mit dem samaritischen Pentateuch überein. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass sich sowohl die Septuaginta als auch der samaritische Pentateuch auf Textrezensionen stützen, die mit der gigantischen Arbeit der Masoreten nicht gleichzustellen ist.

 

Hinzu kommen noch die Kirchenväter-Zitate und Übersetzungen in anderen Sprachen als indirekte Zeugen.

 

Die älteste LXX-Fassung des Danielbuchs enthält der um 200 n.Chr. von zwei Schreibern erstellte Papyrus 967. Er wurde zusammen mit LXX-Papyri für die meisten biblischen Bücher 1931 in Ägypten gefunden. Auch unter den Schriftrollen aus der Geniza von Kairo fanden sich LXX-Fassungen.

Als älteste und beste, da noch kaum von späteren Revisionen beeinflusste vollständige LXX-Handschrift gilt der Codex Vaticanus aus dem 4. Jahrhundert. Nur sein Jesajatext folgt der Hexapla. Der Codex Sinaiticus stimmt überwiegend mit ihm überein; die Abweichungen gehen auf Revisionen der LXX zurück. Der Codex Alexandrinus aus dem 5. Jahrhundert dagegen war bereits stark von der Hexapla beeinflusst. Diese drei von Christen verfassten Codizes umfassen auch das Neue Testament.

 

Die Hexapla (griech. Ἑξαπλᾶ "die Sechsfache") ist eine von Origenes um 245 n.Chr. redigierte mehrsprachige Synopse, also eine vergleichende Gegenüberstellung von Texten, des alttestamentlichen Textes in sechs Spalten: Texte aus der Septuaginta, von Aquila, von Theodotion, von Symmachus, der hebräische Urtext und eine griechische Transliteration desselben. Die Hexapla verfolgte das Ziel, die Übereinstimmung des griechischen Textes der Septuaginta mit dem hebräischen (vor-masoretischen) Text zu erweisen oder, wo nötig, diese Übereinstimmung herzustellen.

 

Wer sich noch intensiver mit den Handschriften der Septuaginta beschäftigen möchte, findet hier gute Quellen:


Gottes Segen Euch allen!

 

1. Thessalonicher 5,23

"Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und  vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!"

 

Amen