Geist/Seele des Menschen werden vom Leib getrennt

Nirgends in der Bibel findet sich ein Hinweis darauf, dass der immaterielle Teil des Menschen – Geist und Seele – nach seinem Tod den gleichen Prozessen des Zerfalls und der Verwesung unterworfen ist wie sein Körper. Im Gegenteil, aus zahlreichen Bibelstellen geht klar hervor, dass ein anderes Schicksal den geistigen Teil des Menschen erwartet als das, welches seinen Leib ereilen wird. Die erste dieser Stellen, die wir betrachten wollen, findet sich im Buch des Predigers.

Bei diesem Buch und seinen Lehren müssen wir unbedingt beachten, dass Salomo, der Schreiber, bei allen darin enthaltenen Fragen und Schlussfolgerungen eine ganz bestimmte Beschränkung setzt. Sie zeigt sich an der besonderen Formulierung, die sich durch das gesamte Buch zieht und immer wieder auftaucht.

Z.B. stellt Salomo in Prediger 1,3 die Frage:
Welchen Gewinn hat der Mensch von all seinem Mühen, mit dem er sich abmüht UNTER DER SONNE?

Die gleiche Frage kommt – mit kleinen Abweichungen – mehrmals in diesem Buch vor. Die Worte „unter der Sonne“ finden sich insgesamt 29 Mal. Sie weisen auf eine absichtliche Beschränkung hin, die Salomo bei allen Fragen und Schlüssen in diesem Buch im Sinn hat. Das ganze Buch beschäftigt sich ausschließlich mit Dingen „unter der Sonne“ – d.h. mit zeitlichen, materiellen Dingen, die der gegenwärtigen Welt und Zeit angehören.

Vielleicht verstehen wir besser, was es mit dieser Beschränkung auf sich hat, wenn wir die Worte des Apostels Paulus in 2. Korinther 4,18 in Betracht ziehen:
... denn das Sichtbare ist zeitlich, das Unsichtbare aber ewig.

Paulus zieht hier eine klare Trennungslinie zwischen zwei Arten von Dingen, auf der einen Seite die sichtbaren, zeitlichen Dinge, auf der anderen die unsichtbaren, ewigen.

Wenn wir diese Klassifizierung auf das Buch des Predigers anwenden, stellen wir fest, dass sein gesamter Inhalt unter die erste der beiden genannten Rubriken fällt: die des Sichtbaren, Zeitlichen.

Salomo macht in seinem Buch keinen Versuch, mit seinen Studien über die Grenzen des zeitlichen Bereichs hinaus in den ewigen vorzudringen. Wann immer er an diese Grenzen stößt, hält er inne – um sich anschließend einem neuen Aspekt des zeitlichen Bereichs zuzuwenden. Das wird an der Wiederholung der Worte „unter der Sonne“ ganz deutlich. Nichts in seinem Buch handelt von Dingen, die nicht dem Einfluss der Sonne ausgesetzt sind, also von den unsichtbaren, ewigen Dingen. Dennoch wird in fast allen anderen Büchern der Bibel, auch in den von Salomo verfassten, auf diesen unsichtbaren, ewigen Bereich, Bezug genommen.

Wenn wir uns diese besondere Beschränkung des Predigerbuches vergegenwärtigen, so hilft uns das, seine Lehren insgesamt besser einzuordnen und auch zu verstehen, warum der Prediger oft zu scheinbar ganz anderen Schlüssen kommt, als wir sie sonstwo in der Bibel finden.

Mit diesen Überlegungen im Sinn wollen wir nun an jenen Abschnitt herangehen, der von den beiden verschiedenen Bestimmungsorten des menschlichen Körpers und Geistes bei seinem Tod spricht. Es heißt in Prediger 3,18-21:
Ich sprach in meinem Herzen: Der Menschenkinder wegen ist es so, dass Gott sie prüft und damit sie sehen, dass sie nichts anderes als Vieh sind. Denn das Geschick der Menschenkinder und das Geschick des Viehs – sie haben ja ein und dasselbe Geschick – ist dies: Wie diese sterben, so stirbt jenes, und einen Odem haben sie alle. Und einen Vorzug des Menschen vor dem Vieh gibt es nicht, denn alles ist Nichtigkeit. Alles geht an einen Ort. Alles ist aus dem Staub geworden, und alles kehrt zum Staub zurück. Wer kennt den Odem der Menschenkinder, der nach oben steigt, und den Odem des Viehs, der nach unten zur Erde hinabfährt?

Gemäß dem gesamten Inhalt seines Buches legt Salomo die hauptsächliche Betonung auf den materiellen Teil des Menschen, seinen Körper. Und er hat ganz recht, wenn er sagt, dass in dieser Hinsicht kein Unterschied zwischen dem Tod eines Menschen und dem eines Tieres besteht. Beide kehren, wenn sie sterben, zur Erde zurück, von der sie gekommen sind, und die Verwesung löst sie in ihre ursprünglichen Elemente auf. Dennoch weist Salomo darauf hin, dass diese Ähnlichkeit zwischen dem Ort, an den der Mensch bei seinem Tod geht, und dem, an den das Vieh kommt, sich nur auf den Körper erstreckt, nicht aber auf den Geist. Der Geist des Menschen – sein immaterieller Teil – erfährt ein anderes Geschick als die Tiere. Das geht aus Vers 21 klar hervor, wo es heißt:
Wer kennt den Odem der Menschenkinder, der nach oben steigt, und den Odem des Viehs, der nach unten zur Erde hinabfährt?

Salomo leitet diesen Vers mit einer Frage ein: „Wer kennt ...?“ Es ist so, als wollte er sagen: „Ich weiß wohl, dass an diesem Punkt zwischen dem Menschen und dem Tier ein großer Unterschied besteht, aber dabei wollen wir uns in dieser Studie nicht länger aufhalten, es würde sonst zu weit führen.

Wie haben wir den Satz zu verstehen, den Salomo hier in Bezug auf den Geist des Menschen bei dessen leiblichem Tod schreibt? Er sagt: „...den Odem der Menschenkinder, der nach oben steigt ...

Als Erstes stellen wir fest, dass dies genau mit dem Bericht über die Erschaffung des Menschen aus 1. Mose 2,7 übereinstimmt. Darin heißt es nämlich, dass der Körper des Menschen von unten, von der Erde, kam, sein Geist dagegen von oben, von Gott. Und weil beim Tod eines Menschen sein Geist von seinem Körper getrennt wird, schlägt er wiederum die Richtung nach oben – zu Gott hin – ein.

In Prediger 12,7 greift Salomo nochmals das Thema des Sterbens auf und sagt:
Und der Staub kehrt zur Erde zurück, so wie er gewesen, und der Geist kehrt zu Gott zurück, der ihn gegeben hat.

Was Salomo im Buch des Predigers über den Bestimmungsort des menschlichen Geistes bei dessen Tod lehrt, ist also nicht sehr viel, aber es ist klar und stimmt mit dem überein, was an vielen anderen Stellen der Heiligen Schrift ebenfalls bezeugt wird: Der Leib des Menschen kehrt zum Staub zurück, aber sein Geist steigt nach oben, zu Gott.

Was geschieht, wenn der Geist beim Tod eines Menschen vom Leib gelöst wird und vor Gott, dem Schöpfer, erscheinen muss? Die Bibel offenbart uns scheinbar nichts Genaues über diesen Punkt, aber sie versetzt uns dennoch in die Lage, zwei bestimmte Grundsätze in diesem Zusammenhang aufzustellen.

 

Erstens hat dieses Erscheinen des menschlichen Geistes vor Gott nichts mit dem Endgericht zu tun, das ja erst nach der leiblichen Auferstehung stattfinden wird.

 

Zweitens ist es unmöglich, dass die Geister der Bösen und Gottlosen längere Zeit in der Gegenwart Gottes verweilen dürfen.

 

Daraus lässt sich schließen, dass das Erscheinen des menschlichen Geistes vor Gott unmittelbar nach dem Tod einem ganz bestimmten Zweck dient: den Urteilsspruch Gottes zu hören, der jedem Geist den Ort und Status zuweist, den er vom Zeitpunkt des Todes an bis zur Auferstehung und dem Gericht einzunehmen hat. An diesen Ort geht er und bleibt dort, bis er bei der Auferstehung seines Leibes wieder hervorgerufen wird.


Quellen:

  • IBL - Fundamente des christlichen Glaubens
  • eigene Anmerkungen


Gottes Segen Euch allen!

1. Thessalonicher 5,23
"Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und  vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!"

Amen