Sigd - Der äthiopisch-jüdische Bundestag

Nehemia 9,1-3

"1 Und am 24. Tag dieses Monats versammelten sich die Söhne Israel unter Fasten und in Sacktuch, und mit Erde auf ihrem Haupt. 2 Und alle, die israelitischer Abstammung waren, sonderten sich ab von allen Söhnen der Fremde. Und sie traten hin und bekannten ihre Sünden und die Verfehlungen ihrer Väter. 3 Und sie standen auf an ihrer Stelle, und man las aus dem Buch des Gesetzes des HERRN, ihres Gottes, vor, ein Viertel des Tages. Und ein anderes Viertel des Tages bekannten sie ihre Verfehlungen und warfen sich nieder vor dem HERRN, ihrem Gott"


Sigd (hebr. סיס) ist ein Feiertag, den die äthiopisch-jüdische Gemeinde am 29. Marcheschwan zelebriert. An diesem Tag, der mittlerweile seit 2008 als staatlicher Feiertag für alle Israelis gilt, erneuert die äthiopisch-jüdische Gemeinde ihren Bund mit Gott und drücken so ihre ewige Verbindung zu Zion aus.

 

Auch wenn Sigd weiterhin hauptsächlich von der jüdischen Gemeinde des Landes aus Äthiopien gefeiert wird, die über 130.000 Mitglieder zählt, ist es doch ihr Wunsch, dass der Feiertag ein integraler Bestandteil des jährlichen jüdischen Feiertagszyklus wird, um so von mehr Juden angenommen zu werden, anstatt ein Feiertag zu bleiben, der in erster Linie von der jüdischen Gemeinde aus Äthiopien gefeiert wird, aber auch immer mehr weitere jüdische Besucher verzeichnet.

 

NAME

Sigd ist ein amharisches Wort, das "Niederwerfung" oder "Anbetung" bedeutet.

Amharisch ist eine äthiosemitische Sprache, die im nördlichen Zentraläthiopien als Muttersprache von den Amharen gesprochen wird.

 

Mehlella

Sigd wird auch "Mehlella" genannt, was "Bitten und Flehen" bedeutet.

 

Amata Saww

Der Name bedeutet so viel wie "Tag der Versammlung".

 

WANN

29. Marcheschwan bei Sonnenuntergang (50 Tage nach Jom Kippur).

 

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Sigd am 29. Kislew gefeiert und nach einer Kalenderreform 50 Tage nach Jom Kippur in die Gegenwart verlegt.

 

Im Juli 2008 beschloss das israelische Parlament, die Knesset, den äthiopischen Sigd-Feiertag offiziell in die Liste der Staatsfeiertage aufzunehmen.

 

BIBELSTELLEN

Nehemia 8,2-6; 9,1-3

 

HINTERGRUND

Die äthiopischen Juden, historisch bezogen als Beta Israel (Haus von Israel) bezeichnet, sollen Nachkommen der antiken Israeliten sein, möglicherweise vom verloren Stamm Dan oder von Juden, die aus dem Königreich Judäa nach der Zerstörung des ersten Tempels vertrieben wurden.

 

Laut Überlieferung soll dieser Feiertag seinen Ursprung in der Bibel zur Zeit des Propheten Nehemia haben, als sich die gesamte jüdische Gemeinde zu einem Tag des Fastens und Bekenntnisses in Jerusalem versammelte, und an die Gabe der Tora am Berg Sinai erinnern. Dieses Datum liegt genau 50 Tage nach Jom Kippur, ähnlich dem Feiertag von Schawuot, 50 Tage nach Pessach. Nach äthiopischer jüdischer Tradition ist es auch das Datum, an dem Gott sich Moses zum ersten Mal offenbart hat.

 

Sigd in der Vergangenheit

Sigd begann vor Jahrhunderten in Äthiopien. Je nach Tradition wird das Fest auf das auf das 6. oder auch das 15. Jahrhundert zurückgeführt. Es war üblich, sich viele Tage vor dem Sigd-Fest vorzubereiten. Bewohner abgelegener Dörfer versammelten sich in den großen jüdischen Gemeindedörfern und blieben bei ihren Verwandten.

 

Die Gemeinde führte eine gemeinsame Selbstprüfung durch - zusätzlich zu der persönlichen Selbstprüfung während Jom Kippur, denn der Überlieferung nach musste sich die Gemeinschaft auf eine gemeinsame Selbstprüfung und bereitwillige Umkehr einlassen, um würdig zu sein, aus dem Exil nach Jerusalem zurückzukehren.

 

Am Tag vor dem Feiertag war es üblich, die Feiertagskleider zu reinigen und sich vorzubereiten. Außerdem wählten die Priester einen Berg aus, der für die Zeremonie geeignet erschien, und stellten sicher, dass er sauber und frei von großen Gegenständen war. Die Zeremonie fand immer auf einem hohen Berg als symbolische Darstellung des Berges Sinai statt.

 

Am Feiertag versammelten sich die äthiopisch-jüdische Gemeinde in der Synagoge. Gemeindemitglieder beteten für das Ende des Exils und für eine Rückkehr nach Zion. Die Kessim (äthiopisch-jüdische religiöse Führer) rezitierten aus dem "Orit", dem "Oktateuch", (ein traditioneller Name für die ersten acht Bücher der Bibel, mit dem Pentateuch, Buch Josua, Buch der Richter und das Buch Rut). Anschließend zogen die Zelebranten auf den auserwählten Berg zu, in Lied und Lob als Zeichen der jährlichen Erneuerung des Gebens der Tora, angeführt von den Priestern und Schmaluch, den Ältesten der Gemeinde. Viele von ihnen stiegen auch mit Schriftrollen den Berg hinauf. Auf der Bergkuppe wurde dann die Amana-Zeremonie, die Erneuerungszeremonie des Bundes zwischen dem Volk und Gott abgehalten.

 

Am Ende des Rituals bekannten die Gemeindemitglieder ihre Sünden, indem sie sich niederknieten und ihre Hände ausbreiten. Zum Schluss wurden Schofare geblasen und der Wunsch zum Ausdruck gebracht, nächstes Jahr in Jerusalem zu feiern.

 

Man stieg dann vom Berg herab und ging singend und tanzend zurück ins Dorf, wo man sich wieder in der Synagoge versammelte und die Priester auf die Trommel schlugen und tanzten und sangen.

 

Obwohl die Zeremonie an einem Tag abgehalten wurde, war es üblich, dass die Menschen ein paar Tage lang feierten und sich freuten. Die Priester hingegen zogen sich am Ende des heiligen Tages für eine Zeit des Alleinseins zurück.

 

Bildquelle: israel21c.org
Bildquelle: israel21c.org

Sigd in der Zukunft

Heute ist Sigd das Nationalfest der äthiopisch-stämmigen Israelis, an dem auch die ersehnte Rückkehr nach Zion gefeiert, für Frieden im Land Israel und für das ganze Volk Israel gebetet wird. Es ist daher auch ein Fest der jüdischen Einheit mit Bezug auf die ewige Verbindung zu Zion (2Sam 7,23). Da die meisten äthiopischen Juden, seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach Israel zurückgekehrt sind, ist der Tag ein Fest der Erfüllung dieser jahrhundertealten Sehnsucht und dient als jährliche Versammlung der gesamten äthiopischen Gemeinschaft in Israel. Ihre Mitglieder sehen es als eine Gelegenheit, die Verbindung mit ihren Wurzeln und ihrer Kultur zu stärken.

 

Das heutige Feiertagsmuster in Israel unterscheidet sich von dem in Äthiopien, und mit Ausnahme der gemeinsamen Prozession und der gemeinsamen Gebete sind viele Bräuche lediglich symbolisch.

 

Die ersten Sigd-Zeremonien wurden Anfang der 1980er Jahre in Israel gefeiert. Die zentrale Kundgebung und die Gebete wurden an verschiedenen Orten abgehalten, bis sich der Brauch, in Analogie zum Berg Sinai, auf dem Berg Zion verlagerte.

 

Jährlich versammelt sich zu diesem Anlass die äthiopisch-jüdische Gemeinde in Jerusalem an der Klagemauer und am Aussichtspunkt Armon HaNatziv, der die Mauern der Altstadt überragt.

 

Das Sigd-Fest besteht heute aus zwei wesentlichen Teilen: Von morgens bis mittags fasten und beten die Teilnehmer im Gottesdienst und bitten um Vergebung, ähnlich wie an Jom Kippur. Die Kessim, gekleidet in ihren traditionellen Gewändern, tragen Tora-Schriftrollen und rezitieren aus dem "Orit", dem Oktateuch.

 

Am Nachmittag folgt der fröhliche Festteil, bei dem vor allem musiziert, getanzt und gespeist wird. Eine weitere Besonderheit neben den Gebeten ist eine Prozession mit bunten Regenschirmen.



 

Quellen:

  • knesset.gov.il/lexicon/eng/sigd_eng.htm
  • israelaktuell.de/sigd-fest-aethiopische-juden-feiern-rueckkehr-nach-zion/
  • israelheute.com/erfahren/athiopische-juden-feierten-das-sigd-fest/
  • israelnetz.com/gesellschaft-kultur/kultur/2017/11/17/aethiopische-juden-feiern-sigd-fest/
  • blogs.timesofisrael.com/what-is-sigd/
  • he.m.wikipedia.org/wiki/%D7%A1%D7%99%D7%92%D7%93
  • eigene Anmerkungen

 

Gottes Segen Euch allen!

 

1. Thessalonicher 5,23

"Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und  vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!"

 

Amen