3. Mose 26,44
„Aber selbst auch dann, wenn sie in dem Land ihrer Feinde sind, habe ich sie nicht verworfen und sie nicht verabscheut, ein Ende mit ihnen zu machen, meinen Bund mit ihnen ungültig zu machen; denn ich bin der HERR, ihr Gott.“
Römer 11,1-2a
„1 Ich sage nun: Hat Gott etwa sein Volk verstoßen? Auf keinen Fall! Denn auch ich bin ein Israelit aus der Nachkommenschaft Abrahams, vom Stamm Benjamin. 2 Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er vorher erkannt hat...“
Die Ersatztheologie ist heute die geläufige Bezeichnung für alte, verfälschte und irreführende Auslegungen biblischer Verheißungen und Prophezeiungen, die sich auf die Nachkommen Jakobs (später Israel genannt) beziehen.
Die Ersatztheologie, auch Substitutionstheologie genannt, lehrt, dass die christliche Kirche oder Gemeinde das Volk Israel als ethnische, nationale und territoriale Einheit dauerhaft im Heilsplan Gottes ersetzt oder abgelöst hat und somit an dessen Stelle als das Volk Gottes tritt. Sie behauptet, dass alle Verheißungen, die Gott Israel gegeben hat, nun ausschließlich auf die Kirche oder Gemeinde angewendet werden.
Kurz gesagt: Die Ersatztheologie lehrt, dass Israel durch die Gemeinde ersetzt wird. Die Gemeinde nimmt die Position Israels ein, während Israel nur noch allegorisch und symbolisch betrachtet wird.
Doch diese Sichtweise widerspricht eindeutig der Bibel und gefährdet das Verständnis von Gottes Bundestreue und seinen Verheißungen. Bündnisse und Verheißungen sind biblische Konzepte, die die Beziehung Gottes zu Seinem Volk definieren.
Die Ersatztheologie ignoriert zudem die offenbarte Wahrheit, dass der Neue Bund ausdrücklich dem Haus Israel und dem Haus Juda verheißen wurde (Jer 31,31) und diese Verheißung im Neuen Testament (Hebr 8,8) bestätigt wird:
Jeremia 31,31
„Siehe, es kommen Tage, spricht der HERR, da ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund schließen werde...“
Hebräer 8,8
„Denn er tadelt doch, indem er zu ihnen spricht: »Siehe, es kommen Tage, spricht der Herr, da ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund schließen werde...“
Die Ersatztheologie behauptet fälschlicherweise, dass Gott die Juden als Sein Volk verworfen habe, weil sie den Messias abgelehnt hätten, obwohl Israel im Tanach (hebräische Bibel, unser Altes Testament) als Gottes „Sohn“ bezeichnet wird (vgl. 2Mo 4,22-23; Hos 11,1). Nach dieser Sicht müsse ein Jude konvertieren (ein geistlich wiedergeborener Christ werden), um Teil des Reiches Gottes zu werden. Doch Jesus (hebr. Jeschua) bleibt Erbe König Davids und König der Juden (vgl. Offb 22,16).
Im Mittelalter mussten Juden nicht nur Jesus annehmen, sondern auch ihre jüdische Identität verleugnen. Sie wurden gezwungen, koscheres Essen, Beschneidung und den Schabbat aufzugeben, den Sonntag zu ehren und jüdische Feste (vgl. 3Mo 23) durch Weihnachten und Ostern zu ersetzen.
Es ist äußerst wichtig, dieser Irrlehre anhand des Wortes Gottes aufzudecken und ihm entgegenzutreten.
Die biblische Grundlage für Israel als Gottes erwähltes Volk
Die Bibel zeigt klar, dass Gott Israel als sein erwähltes Volk berufen hat, unabhängig von ihrem Gehorsam oder Ungehorsam. In Jeremia 31,35-37 erklärt Gott, dass Israel nur dann aufhören würde, eine Nation vor ihm zu sein, wenn die Ordnungen von Sonne, Mond und Sternen aufhörten zu bestehen. Diese Aussage verdeutlicht die Beständigkeit von Gottes Bund mit Israel, unabhängig von ihrer Treue oder Untreue.
Ebenso bestätigt Römer 11,29: „Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar.“ Das Wort „unbereubar“ zeigt, dass Gottes Wahl unwiderruflich ist. Im Kontext von Römer 11 wird deutlich, dass Paulus hier die Treue Gottes gegenüber seinem Volk Israel betont. Trotz ihres zeitweiligen Unglaubens bleibt die göttliche Erwählung und Berufung Israels bestehen.
2. Timotheus 2,13
„... wenn wir untreu sind, so bleibt er doch treu; er kann sich selbst nicht verleugnen.“
Gott steht zu seinen Zusagen und hat weder die Erwählung Israels noch die Verheißungen, die er ihnen gegeben hat, aufgehoben. Dieses Prinzip verdeutlicht auch die Zuverlässigkeit Gottes gegenüber allen, die an ihn glauben.
Wie wird der Begriff „Israel/ Israelit“ im Neuen Testament gebraucht?
Der Begriff „Israel“ oder „Israelit“ wird im Neuen Testament insgesamt 74 Mal verwendet. Dabei ist seine Bedeutung klar definiert:
• 9 Mal wird er ohne Abweichung direkt aus dem Alten Testament zitiert.
• 70 Mal kann er sich nicht auf die Gemeinde beziehen, sondern meint ausschließlich das Volk Israel.
• 4 Mal kann der Begriff anders interpretiert werden:
- Römer 9,6: Paulus verdeutlicht, dass nicht alle, die von Israel abstammen, tatsächlich zu Israel gehören. Es geht nicht nur um die biologische Abstammung, sondern um den Glauben und die Annahme von Gottes Verheißung.
- Galater 6,16: Der Ausdruck „Israel Gottes“ bezieht sich auf das vollendete Volk Gottes, bestehend aus Juden und Heiden, die in Christus Gläubige sind. Hier wird der Fokus auf die geistliche Zugehörigkeit gelegt, nicht auf die ethnische.
- 1. Korinther 10,18: Hier spricht Paulus von „Israel nach dem Fleisch“ und meint damit ausschließlich die natürlichen Nachkommen Israels, nicht das „Israel Gottes“.
- Epheser 2,12: Israel ist vergleichbar mit einem Verbund, zu dem viele Nationen gehören, ähnlich wie beim Britischen Commonwealth.
Zusätzliche Erklärung: In 1. Korinther 10,1-11 wird Israel nicht als Synonym, sondern als Bild für die Gemeinde verwendet.
Fazit: Die Verwendung zeigt, dass der Begriff „Israel“ oder „Israelit“ im Neuen Testament überwiegend spezifisch für das Volk Israel gebraucht wird und nur in wenigen Fällen geistlich oder übertragen interpretiert werden kann.
Römer 9–11: Die Rolle des Überrests
Paulus erklärt in Römer 9–11, dass Gott immer einen Überrest Israels bewahrt hat.
Diese drei Kapitel der Bibel, Römer 9-11, konzentrieren sich auf das Schicksal Israels und der Gemeinde und sind von zentraler Bedeutung, um die Offenbarung des Evangeliums zu vervollständigen. Ohne ein Verständnis dieser Kapitel bleiben die wunderbaren Wahrheiten, die Gott seinem Volk offenbart hat, verborgen. Insbesondere betont Paulus hier unmissverständlich, dass Gott Israel nicht verworfen hat (vgl. Röm 11,1-2) und die Erwählung Israels weiterhin Bestand hat. Diese Passagen beleuchten Gottes Treue zu seinen Verheißungen an Israel und mahnen die Gläubigen aus den Nationen zur Demut gegenüber den Wurzeln ihres Glaubens (vgl. Röm 11,18-21). Sie zeigen Gottes Heilshandeln sowohl für Israel als auch für die Völker und bilden das Herzstück biblischer Theologie zur Stellung Israels. Ohne die Kenntnis dieser Wahrheiten kann die Gemeinde ihr eigenes Schicksal niemals völlig verstehen.
Gottes Handlungsweise Israel gegenüber dient als historische Demonstration für zahlreiche geistlich lebensnotwendige Prinzipien, die genauso auf Christen/Nachfolger Jesu zutreffen.
• Hauptthema in Römer 9–11: Gottes Souveränität und Gnade, die durch seine Wahl wirksam werden.
• Souveränität: Gott tut, was Er will, wann Er will, wie Er will und Er fragt niemanden um Erlaubnis.
• Schlüsselverse in Römer 9–11
Römer 9,11f ... damit der nach freier Auswahl gefaßte Vorsatz Gottes bestehen bliebe, nicht aufgrund von Werken, sondern aufgrund des Berufenden -, ...
Römer 9,16 Demnach kommt es nicht auf jemandes Wollen oder Laufen (= Bemühen) an, sondern auf Gottes Erbarmen.
Römer 10,4 Denn Christus ist des Gesetzes Ende, jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit.
Römer 10,9 ... wenn du mit deinem Mund Jesus als Herrn bekennen und in deinem Herzen glauben wirst, daß Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, du errettet werden wirst.
Römer 11,5 ... ebenso gibt es auch in der gegenwärtigen Zeit einen Rest, der aus Gnade erwählt ist.
Römer 11,22 Sieh nun die Güte und die Strenge Gottes: gegen die, welche gefallen sind, Strenge; gegen dich aber Güte Gottes, wenn du an der Güte bleibst; sonst wirst auch du herausgeschnitten werden.
Römer 11,29 Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar.
Römer 11,36 Denn aus ihm und durch ihn und zu ihm hin sind alle Dinge! Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.
Fazit: Auch wenn Israel als Ganzes den Messias ablehnte, bedeutet das nicht, dass Gott das Volk Israel verworfen hat. Römer 11,1 fragt rhetorisch: „Hat Gott etwa sein Volk verstoßen? Das sei ferne!“ Stattdessen erklärt Paulus, dass der Überrest aufgrund von Gnade erwählt wurde (vgl. Röm 11,5).
„Natürliche und wilde Zweige“ – Gottes Plan mit Israel und den Nationen
Römer 11,11-24 illustriert die Beziehung zwischen Israel und den Nationen anhand eines Olivenbaums. Obwohl Israel gestrauchelt ist, hat es nicht für immer seinen Platz verloren. Stattdessen wurde durch Israels Fall das Reich Gottes für die Nationen geöffnet (vgl. Röm 11,11; Mt 10,5-7; 28,19-20). Nicht-jüdische Christen sind „wilde Zweige“, die in den heiligen Ölbaum eingepfropft wurden (vgl. Röm 11,17). Doch dies sollte nicht zu Arroganz führen, sondern zu einem demütigen Leben, das Juden eifersüchtig macht, damit sie den Messias erkennen (vgl. Röm 11,18; Mt 21,43).
Die Berufung Israels bleibt bestehen, und seine Wiederherstellung wird zu einem noch größeren Segen für die Welt führen – zu „Leben aus den Toten“ für eine verlorene Zivilisation (vgl. Röm 11,12-15). Gottes Güte und Strenge sind dabei untrennbar: Glaube bewahrt, Unglaube führt zum Verlust des Segens (vgl. Röm 11,19-22). Schließlich wird es einfacher sein, die „natürlichen Zweige“ – das jüdische Volk – wieder einzupfropfen, wenn sie den Glauben annehmen (vgl. Röm 11,23-24).
Dies mahnt sowohl zur Demut als auch zur Hoffnung: Gott wird sein Heil sowohl den Juden als auch den Nationen in einer einzigartigen Reihenfolge schenken.
Römer 11,18
„... so überhebe dich nicht gegen die Zweige! Überhebst du dich aber, [so bedenke]: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich!“
Die Ersatztheologie als Irrlehre
Die Ersatztheologie unterminiert die Bibel, bringt Zweifel an Gottes Treue und hat in der Geschichte oft zu antisemitischen Haltungen geführt. Ihre schwerwiegenden Folgen zeigen sich in verschiedenen Bereichen:
• Zuverlässigkeit der Bibel
Viele prophetische Schriften, wie Jesaja 11,11-12 und Jeremia 30,3, sprechen von einer zukünftigen Wiederherstellung Israels. Die Ersatztheologie würde diese Verheißungen als ungültig erklären, was die Zuverlässigkeit und Unveränderlichkeit der Heiligen Schrift in Frage stellt.
• Treue Gottes
Die Ersatztheologie lehrt, dass Gott Israel verworfen und durch die Kirche/Gemeinde ersetzt habe. Doch die Bibel, insbesondere Jeremia 33,24-26, macht deutlich, dass Gott niemals seinen Bund mit Israel brechen wird. Diese falsche Lehre wirft Zweifel daran auf, ob Gott seine Verheißungen gegenüber der Gemeinde ebenfalls brechen könnte.
• Sicherheit der Gemeinde
Wenn Gott sein Volk Israel ersetzen könnte, wäre auch die Sicherheit und Verlässlichkeit der Verheißungen für die Gemeinde Christi gefährdet. Das Fundament des Glaubens wird dadurch angegriffen.
• Förderung von Antisemitismus
Die Ersatztheologie trägt dazu bei, den Boden für antisemitische Einstellungen zu bereiten, da sie die besondere Berufung Israels leugnet und die Juden als von Gott verworfen darstellt. Diese falsche Sicht hat in der Geschichte immer wieder zur Verfolgung des jüdischen Volkes beigetragen und widerspricht der biblischen Wahrheit, dass Israel weiterhin Gottes erwähltes Volk ist (vgl. Röm 11,1-2).
Die wichtigste und hartnäckigste Kraft, die den Antisemitismus vermutlich 2000 Jahre lang vorangetrieben, unterstützt und gestärkt hat, ist die christliche Kirche und die christliche Theologie. Nichts hat den Antisemitismus so nachdrücklich und vehement vorangetrieben und gefördert wie die christliche Kirche und die christliche Theologie.
Fazit: Die Ersatztheologie ist somit nicht nur eine theologische Irrlehre, sondern auch eine gefährliche Ideologie, die den göttlichen Plan und die Verheißungen für Israel und die Welt verfälscht.
Die Entstehung der Ersatztheologie
Die Ersatztheologie, die Israels Bedeutung in den Plänen Gottes ablehnt und die Gemeinde als neues „geistliches Israel“ einsetzt, entwickelte sich schrittweise in der frühen Christenheit. Obwohl Paulus in Römer 9–11 klarstellte, dass Gott sein Volk nicht verworfen hat (vgl. Röm 11,1-2) und vor Überheblichkeit gegenüber Israel warnte (vgl. Röm 11,18), verbreiteten sich dennoch Ideen, die Israel durch die Gemeinde ersetzten.
Im 2. Jahrhundert n. Chr. prägten Kirchenväter wie Justin der Märtyrer, Klemens von Alexandria und Tertullian die Vorstellung, dass Israel seine Rolle verloren habe. Dies öffnete der Ersatztheologie Tür und Tor. Drei zentrale Faktoren trugen zu dieser Entwicklung bei:
• Die zunehmende nicht-jüdische Zusammensetzung der Gemeinde: Während die erste Gemeinde hauptsächlich aus jüdischen Gläubigen bestand, dominierte mit der Ausbreitung des Christentums eine nicht-jüdische Mehrheit. Dies führte zu theologischen Spannungen über die Stellung Israels.
• Die Zerstörung Jerusalems (70 und 135 n. Chr.): Viele Christen sahen diese Ereignisse als Beweis für Gottes endgültige Verwerfung Israels. Kirchenväter wie Origenes interpretierten die Zerstörung Jerusalems als Zeichen für Israels Scheidung von Gott.
• Die Einführung allegorischer Schriftauslegung: Die frühe Kirche neigte dazu, prophetische Aussagen über Israel allegorisch zu deuten, was Israels Bedeutung in Gottes Plänen marginalisierte. Beispiele wie Tertullians Deutung von 1. Mose 25,21-23 zeigen, wie das nationale Israel als untergeordnet dargestellt wurde.
Die Ersatztheologie basierte weder auf solider Bibelauslegung noch auf exakter Exegese, sondern auf Missverständnissen, theologischen Fehlentwicklungen und einem verzerrten Umgang mit der Bibel.
Die heutigen Vertreter der Ersatztheologie
Die Ersatztheologie, die Israels Bedeutung in Gottes Plänen leugnet, wird trotz Widerständen und theologischer Entwicklungen auch heute noch vertreten. Während die Reformation und Bewegungen wie der Dispensationalismus viele zurück zur biblischen Sicht Israels führten, bleibt die Ersatztheologie in Gemeinden und Seminaren präsent. Zwei zentrale Ereignisse des 20. Jahrhunderts – der Holocaust und die Gründung des modernen Staates Israel – führten bei vielen Christen zu einer Überprüfung dieser Lehre. Dennoch zeigt sich ein Trend, insbesondere unter jüngeren Evangelikalen, der Israels Bedeutung weniger betont und die Ersatztheologie fördert.
Prominente Theologen vertreten eine kritische Haltung gegenüber Israels biblischem und modernem Anspruch. Einige lehnen die Ersatztheologie oder Substitutionstheologie als Begriff zwar ab, argumentieren jedoch, dass Gott die Verheißungen an Israel erfüllt habe und das nationale Israel keine Zukunft mehr habe.
Ähnlich sehen andere Theologen die biblischen Verheißungen an Israel als neu interpretiert durch Jesus und die Apostel.
Manche gehen noch weiter, indem sie behaupten, Jesus habe Israels Verheißungen und Königreich umdefiniert und erneuert. Dabei verurteilen sie die Unterstützung für den modernen Staat Israel und bezeichnen christlichen Zionismus als unbiblisch und moralisch fragwürdig.
Im Kontrast dazu steht eine andere biblisch fundierte Sichtweise, die Israels Rückkehr in sein Land und seine nationale Errettung klar in der Bibel verankert sieht. Hierbei wird betont, dass die Propheten des Alten Testaments wie Jesaja, Jeremia, Hesekiel und viele andere Israels zukünftige Wiederherstellung und Errettung eindeutig vorhersagen.
Trotz der fortschreitenden Verbreitung der Ersatztheologie ist die biblische Sicht, dass Israel weiterhin eine zentrale Rolle in Gottes Plänen spielt, klar und deutlich in der Bibel belegt.
Kirchliche Doktrinen als Stützen des Antisemitismus
Die Kirche/Gemeinde hat über Jahrhunderte hinweg drei zentrale Doktrinen akzeptiert und verbreitet, die den Antisemitismus tief in den theologischen und gesellschaftlichen Strukturen Europas verwurzelt haben. Diese Lehren, von denen zwei auf den „Heiligen“ Augustinus zurückgehen, prägten nicht nur die Wahrnehmung der Juden, sondern führten zu konkreten Diskriminierungen und Verfolgungen. Eine Analyse dieser Doktrinen zeigt, wie entscheidend Lehren für das Handeln und die Haltung von Menschen sind:
• Die Kirche ist das wahre Israel
Diese Lehre, die auch als „Ersatztheologie“ bekannt ist, besagt, dass die Kirche das Volk Israel ersetzt hat. Israel hat demnach seine Identität und seinen Platz im Heilsplan Gottes verloren. Besonders in charismatischen Bewegungen ist diese Lehre verbreitet und stellt einen zentralen Ursprung des Antisemitismus dar. Wenn die Juden ihre göttliche Identität verloren haben, wird es für andere legitim, sie zu entwürdigen oder zu verfolgen – denn es wird argumentiert, sie hätten es „verdient“.
• Die Juden sind das lebendige Zeugnis eines Fluchs
Augustinus entwickelte die Vorstellung, dass die Juden weiterexistieren, um als lebendiges Beispiel für den Fluch zu dienen, der auf jene fällt, die Jesus ablehnen. Diese theologische Degradierung führte zur Rechtfertigung von Gewalt und Diskriminierung, da solche Handlungen als Beitrag zum göttlichen Plan interpretiert wurden.
• Die Juden sind Gottesmörder
Diese Doktrin, die Juden als schuldig am Tod Gottes erklärt, ist die gefährlichste und verheerendste der drei. Sie schuf die Grundlage für unzählige Pogrome, Zwangstaufen und soziale Degradierungen. Das Verbrechen des „Gottesmordes“ wurde so schwer gewichtet, dass es alle Formen der Gewalt und Unterdrückung scheinbar rechtfertigte.
Die Auswirkungen dieser Lehren sind bis heute spürbar. Edward H. Flannery beschreibt die Folgeerscheinungen so: „Verachtung, Verunglimpfung, Feindseligkeit, Absonderung, Zwangstaufen, Wegnahme von Kindern, ungerechte Gerichtsverhandlungen, Pogrome, Verbannungen, systematische Verfolgungen, Diebstahl und Plünderungen, offener oder verborgener Hass, soziale Degradierung.“
Besonders die Praxis der Zwangstaufen und der Wegnahme jüdischer Kinder zeigt die grausamen Konsequenzen dieser Lehren. Da man glaubte, dass die Taufe ein jüdisches Kind automatisch zum Christen machte, wurden Kinder ihren Eltern entzogen, um sicherzustellen, dass sie in einem christlichen Umfeld aufwuchsen. Diese Unmenschlichkeiten waren ein direktes Ergebnis falscher Lehren, die das Leben und die Identität des jüdischen Volkes zutiefst beschädigten.
Der gefährliche Kommentar der Pattloch-Bibel
Die Pattloch-Bibel (Sonderausgabe 2002) hat in Bezug auf die Ersatztheologie einen erschütternden und gefährlichen Kommentar herausgegeben.
Gemeint ist die Übersetzung von Prof. Dr. Vinzenz Hamp (Altes Testament), Prof. Dr. Meinrad Stenzel (Altes Testament, nach dessen Tod weitergeführt von Hamp) und Prof. Dr. Josef Kürzinger (Neues Testament) mit der ISBN: 3-629-01084-9 (Herausgeber: Pattloch Verlag GmbH & Co. KG, München).
Auf Seite 1059 der Pattloch-Bibel wird behauptet, dass „Gott dem Judentum nicht ohne dessen Schuld das Heil genommen habe“ und dass „die starre einseitige Gesetzesauffassung kein Verständnis für die Botschaft Christi zugelassen“ hat.
(Zitathinweis: Pattloch-Bibel, Sonderausgabe 2002, S. 1059 / Zitatrecht: § 51 UrhG).
Diese Aussagen sind nicht nur falsch, sondern auch gefährlich. Sie fördern antisemitische Haltungen und widersprechen der biblischen Lehre, dass Israel weiterhin eine zentrale Rolle in Gottes Heilsplan spielt.
Leider finden sich solche Ansichten nicht nur in diesem Kommentar der Pattloch-Bibel, sondern sind auch anderweitig weit verbreitet. Es ist von äußerster Wichtigkeit, solche irreführenden Aussagen zu erkennen und entschieden zurückzuweisen. Die Bibel lehrt, dass „das Heil aus den Juden kommt“ (Joh 4,22) und dass Gott „seinen Bund nicht brechen wird“ (vgl. Ps 89,35).
Christus und das Gesetz
Römer 10,4 erklärt: „Denn Christus ist das Ende des Gesetzes zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt.“ Christus hat die Erfüllung des Gesetzes vollbracht, was die Tür für alle, sowohl Juden als auch Heiden, öffnet, durch Glauben vor Gott als gerecht erachtet zu werden (vgl. Röm 5). Doch dies hebt nicht Gottes Verheißungen in Bezug auf Israel auf.
Schlussfolgerung
Die Ersatztheologie ist unbiblisch, weil sie fälschlicherweise behauptet, dass alle Juden den Messias abgelehnt hätten, obwohl das Neue Testament zeigt, dass viele Juden ihn angenommen haben. Die ersten Jünger und Apostel waren Juden, und das Evangelium wurde zunächst durch jüdische Gläubige verbreitet. Heidennationen wurden gemäß Römer 11 in den „Ölbaum“ eingepfropft, nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung. Gottes Verheißung, dass durch Abraham alle Nationen gesegnet werden, bestätigt die enge Verbindung zwischen Juden und Nichtjuden im Glauben an den Messias.
• Hintergrund im Alten Testament: 1Mo 12,3; 18,18; 22,18; 26,4; 28,14
• Erfüllung im Neuen Testament: Gal 3,8; Lk 2,30-32; Apg 3,25
Die Ersatztheologie ist eine gefährliche und unbiblische Lehre, die Gottes Charakter und seine Bundestreue infrage stellt. Sie dient den Mächten der Finsternis als Mittel, um die Absichten Gottes zu behindern, indem sie die Kirche oder Gemeinde von Gottes abschließendem großen Erlösungswerk entfremdet. Als Christen sollten wir fest auf den Verheißungen Gottes stehen und erkennen, dass Israel eine unveränderliche Rolle in Gottes Heilsplan spielt. Es ist unsere Aufgabe, die Wahrheit der Bibel zu verkünden und uns gegen jede Form von Antisemitismus und Irrlehre zu stellen. Gott hat Israel nicht ersetzt, sondern erfüllt durch Israel seine Pläne für die gesamte Menschheit.
Falls Sie durch unseren Dienst und diesen Beitrag gesegnet wurden, oder uns einfach unterstützen möchten, können Sie Ihre Dankbarkeit und Wertschätzung in Form einer finanziellen Segnung ausdrücken, worüber wir uns sehr freuen und äußerst dankbar sind.
Gottes Segen Euch allen!
1. Thessalonicher 5,23
„Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!“
Amen und Amen