Die Prophetenbücher der Bibel


Jesaja 9,5

Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben; und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: WunderbarerRatgeberstarker GottEwig-VaterFriedefürst

 

Maleachi 3,20

Euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen, und Heilung [wird] unter ihren Flügeln [sein]...


Stellung im Kanon

• 4. Kanonteil der Bibel

• Das 23.–39. Buch der Bibel

• Das 23.–39. Buch im Alten Testament

 

| 250 Kapitel | 5.490 Verse | 164.397 Wörter | Jes; Jer; Klgl; Hes; Dan; Hos; Joel; Am; Obd; Jon; Mi; Nah; Hab; Zef; Hag; Sach; Mal |

 

(17 Bücher: unterteilt in 5 Große Propheten: Jesaja, Jeremia, Klagelieder, Hesekiel, Daniel & 12 Kleine Propheten: Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zefanja, Haggai, Sacharja, Maleachi)

 

Titel

Deutsch: Prophetenbücher

Englisch: Prophets; Major & Minor Prophets

 

Die Prophetenbücher, bestehend aus 17 Büchern, bilden den 4. Kanonteil der deutschsprachigen bzw. protestantischen Bibel. Hierzu gehören die Bücher Jesaja, Jeremia, Klagelieder, Hesekiel, Daniel, Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zefanja, Haggai, Sacharja und Maleachi.

 

Verfasser & Abfassungszeit

Gott durch 16 Verfasser um ca. 700–424 v. Chr. (Jes–Mal)

 

 

▪︎ Zeitabschnitt der Prophetenbücher

Die Geschehnisse in den Prophetenbüchern decken einen Zeitraum von ca. 276 Jahren ab; von Jesaja bis Maleachi

 

Die ersten beiden Kanonteile über die ersten 17 Bücher (5 Gesetzbücher und 12 Geschichtsbücher; 1. Mose bis Ester) decken die gesamte Geschichte des Alten Testaments ab. Alle übrigen Bücher, die Poesie & Weisheitsbücher sowie die Prophetenbücher, lassen sich irgendwo in die Zeit dieser 17 Bücher einordnen.

 

Inhalt & Themen

Die 16 alttestamentlichen Propheten sind nicht nach ihrer zeitlichen Reihenfolge geordnet. Vielmehr folgen den vier großen Propheten (Jesaja, Jeremia, Hesekiel und Daniel) die 12 kleinen Propheten. Die Botschaften der letzten waren im Judentum gemeinsam in einer Rolle festgehalten. Die Prophetenbücher sind in der Bibel nach ihrem Umfang an­geordnet. Das längste steht am Anfang. Nach dem Umfang der Bücher unterscheidet man die 5 „großen Propheten“ von den 12 „kleinen Propheten“ (Zwölfprophetenbuch). Das Zwölfprophetenbuch ist insgesamt kürzer als jedes einzelne der Bücher Jesaja, Jeremia und Hesekiel.

 

In fast jedem Fall passt die Bedeutung des Namens eines Propheten zum Inhalt seiner Botschaft. Diese von Gott geplante Tatsache hat große Bedeutung, denn oft predigt Gott seine Botschaft durch einen Namen.

 

Die Propheten des Alten Testaments legten die Ereignisse der Vergangenheit aus, prangerten das Unrecht in der Gegenwart an und verkündigten Gottes Handeln für die Zukunft. Propheten des Alten Testaments wurden von Gott in Zeiten des Niedergangs und des Abfalls in Israel zum Dienst berufen. Sie waren in erster Linie Erweckungsprediger, die in Gottes Auftrag zu dem Herzen und Gewissen der Nation sprachen. Die prophetischen Botschaften haben einen zweifachen Charakter und enthalten:

 

1. Das Wort, das für das besondere Gebiet und für die Zeit des Propheten ausgegeben wurde;

2. Das Wort, das die Absichten Gottes in der Zukunft voraussagte.

 

Oft ging die Voraussage oder Prophetie unmittelbar von den örtlichen Verhältnissen aus (vgl. Jes 7,1-11 mit Jes 7,12-14).

 

Bevor man sich den Propheten und ihrem Beitrag zur biblischen Geschichte zuwendet, muss man sich ein Bild von der Geschichte Israels machen. Die 5 Bücher Mose beschreiben, wie Gott sich ein Eigentumsvolk zubereitete, ein Volk, das zur Nation Israel wurde. Gott schloss seinen Bund mit Abraham, brachte ihn in das Land Kanaan und schenkte ihm Isaak, den Sohn und Erben des Bundes. Isaak zeugte Esau und Jakob, und Gott wählte Jakob als Träger seines Bundes. Jakob zeugte zwölf Söhne, die Stammväter der zwölf Stämme Israels. Durch Josef kam die Erzväterfamilie nach Ägypten, wo sie zu einem großen Volk heranwuchs. Die Ägypter versklavten das Volk, aber nach vielen Jahren in der Gefangenschaft sandte Gott ihm Mose als Befreier von dem ägyptischen Joch und führte es aus Ägypten hinaus zum Berg Sinai, wo er ihm seine Gebote und Ordnungen für ein Leben in Heiligkeit gab. Die immer wieder neue Rebellion der Israeliten gegen Gott brachte ihnen 40 Jahre der Wüstenwanderung ein, doch Gottes Schutz ließ sie nicht los. Nach dem Tod Moses konnten sie schließlich unter Josua das Land, das Gott ihren Vorfahren verheißen hatte, erobern. Aber auch nach der Landnahme kam Israel nicht zur Ruhe. Es kam zu Angriffen und Streifzügen seiner Nachbarn, und innerhalb seines Gebietes kämpften Reste von Fremdstämmen weiter um ihre Unabhängigkeit. Nach vielen Jahren der Auseinandersetzung mit diesen Feinden wollten die Israeliten schließlich einen König. Unter dem ersten König, Saul, konnten die Israeliten einige Schlachten gewinnen und ihre Position im Land stärken. Doch Saul folgte Gott nur teilweise und kam schließlich in einer erneuten Schlacht gegen die Philister zu Tode. Sein Nachfolger David, einer der größten Könige Israels, unterwarf die Nachbarvölker und sicherte die Grenzen des Landes. Sein Sohn Salomo konnte die wirtschaftlichen Früchte dieser Eroberungen genießen. Nach Salomos Tod zerbrach das Reich in zwei Teile in das Nordreich Israel und das Südreich Juda. Die geistliche Lage beider Teilreiche war katastrophal. Götzendienst und andere heidnische Praktiken schlichen sich in den Glauben der Israeliten ein. Viele dieser Versuchungen waren schon früher in der Geschichte der Israeliten aufgetaucht, während der Wüstenwanderung und zur Richterzeit, und jetzt begann Gottes Volk den geistlichen Preis für seine Sünden zu zahlen. Die königliche Sanktionierung heidnischer Praktiken beschleunigte den religiös-geistlichen Vermischungsprozess noch. Bereits Salomo hatte seinen ausländischen Frauen die Ausübung ihrer eigenen Religion zugestanden und sich schließlich zum Teil anderen Göttern zugewandt. Der erste König des Nordreiches, Jerobeam I., versuchte Israel ein eigenes Profil gegenüber Juda zu geben, indem er die Daten der hebräischen Festtage änderte, eigene Priester einsetzte und eigene Anbetungsstätten (als Ersatz für Jerusalem) schuf. Ein paar Generationen später, unter Ahab, erreichte Israel seinen geistlichen Tiefpunkt. Juda ging es im Allgemeinen besser, aber auch das Südreich erlebte unter vielen seiner Könige einen geistlichen Niedergang. Im 9. und 8. Jahrhundert v. Chr. kam es zum Aufstieg neuer Großmächte im Nahen Osten, die die kleineren Staaten, darunter auch Israel, Juda und ihre Nachbarn, bedrohten. Die Region wurde zum Spielball Assyriens, Babyloniens und Ägyptens, bis sowohl Israel als auch Juda untergingen. Inmitten dieser Entwicklungen erschien eine entscheidende Frage am Horizont: Würden Israel und Juda zu ihrem Gott und ihrem geistlichen Erbe zurückkehren, oder würden sie weiter der Abgötterei bzw. dem Götzendienst ergeben sein? An diesem Schlüssel- und Wendepunkt in der Geschichte Israels und Judas sandte Gott seine Diener, die Propheten.

 

 

▪︎ Was ist ein Prophet – Die hebräischen Begriffe für „Prophet“

In der hebräischen Sprache finden sich drei Begriffe zur Bezeichnung eines Propheten: „chozeh“, „ro’eh“ und „nabi“. Obwohl sie von den biblischen Autoren als Synonyme verwendet werden, scheinen sie doch jeweils verschiedene Aspekte des prophetischen Dienstes zu betonen. Die ersten beiden Ausdrücke kommen von Verbstämmen, die „sehen“ oder „betrachten“ bedeuten; der „chozeh“ oder „ro’eh“ war mithin jemand, der die göttlichen Dinge „sah“, der einen besonderen Einblick und meist eine besondere Botschaft hatte, die direkt von Gott kamen. In den deutschen Bibelübersetzungen werden die beiden Begriffe manchmal mit „Seher“ wiedergegeben. Der Begriff „nabi“ ist der häufigste im Alten Testament; er erscheint über 300-Mal. Eine geläufige Deutung des Wortes bringt es mit dem Verb „nabu“ für „rufen“ in Verbindung; ein „nabi“ wäre demnach ein „Gerufener“, also jemand, den Gott dazu berufen hat, seinem Volk Israel sein göttliches Wort zu bringen. Und die Propheten hatten dann auch ein starkes Sendungsbewusstsein. Gott selber hatte sie auserwählt, um seine Botschaft einem Volk zu predigen, das sie dringend hören musste.

 

Ein Prophet empfängt direkte Offenbarung von Gott und übermittelt im Namen Gottes unter der Inspiration des Heiligen Geistes die Prophetie an Menschen. Deshalb kann man einen Propheten als „Sprachrohr Gottes“ bezeichnen.

 

Gleichzeitig gab es auch Prophetenschulen, in denen einzelne zum Propheten ausgebildet wurden. Solche Schulen werden u.a. im Umkreis von Samuel (1Sam 10,5.10; 19,20), Elia (2Kön 2,3.5.15) und Elisa (2Kön 4,38-41; 6,1) genannt. Diese Art der Ausbildung war durchaus legitim und wurde von Gott bestätigt (1Kön 20,35ff). Allerdings gab es bald auch Fehlentwicklungen, die das Berufsprophetentum teilweise entarten ließen. Die Ursache dafür war, dass sich das Berufsprophetentum als gute Erwerbsquelle erwies (Mi 3,5) und sicher auch viel öffentliches Ansehen einbrachte. So redeten derartige Propheten oft den Königen und dem Volk nach dem Mund (1Kön 22,6). Berufspropheten scheinen eine feste Stellung im Tempel gehabt zu haben (Jes 28,7; Jer 6,13; 8,1 u.a.). Leider manipulierte der Blick auf das Geld oft ihre Prophezeiungen (Mi 3,5.11). Manchmal waren sie erbitterte Gegner der echten Propheten (Jer 6,14).

 

 

▪︎ Was ist eine Prophezeiung

Eine Prophezeiung (oder Weissagung, Voraussagung) ist eine Vorhersage von etwas, das kommen wird. Eine wahre biblische Prophezeiung hat ihren Ursprung einzig und allein in Gott.

 

 

▪︎ Wer waren die „Väter“ der Prophetie?

Wenn man von „den Propheten“ spricht, meint man meist jene Männer Gottes, die ca. 700–400 v. Chr. als Gottes besondere, vom Heiligen Geist bevollmächtigte Boten an sein Volk dienten. Sie werden oft als die klassischen Propheten (auch Schriftpropheten) und ihre Schriften als klassische Prophetie bezeichnet, weil ihre Botschaft gewisse gemeinsame Züge aufweist. Die klassischen Propheten wenden sich in aller Regel an das gesamte Volk Gottes, warnen es vor Gottes Zorn gegen seine Sünden und dem kommenden Gericht, rufen es zur Buße auf und verkündigen Gottes Erlösung für alle, die zu ihm umkehren. Die alttestamentlichen Bücher Jesaja bis Maleachi fallen alle in diese Kategorie.

 

Doch schon lange vor der Zeit der klassischen Prophetie hatte Gott andere Menschen zu prophetischen Aufgaben berufen. Es waren vor allem drei Männer, die das Fundament für die klassische Prophetie bildeten: Mose, Samuel und Elia.

 

Gott benutzte Mose als sein Werkzeug, um die Israeliten aus Ägypten heraus und in das Land zu führen, das er ihren Vorfahren verheißen hatte. Gott sprach von Angesicht zu Angesicht mit Mose (2Mo 33,11; 4Mo 12,8) und gab ihm auf dem Berg Sinai das Gesetz, die Grundoffenbarung, auf der die Propheten später aufbauen würden. Mose wusste, dass Gott nach ihm andere Propheten senden würde (5Mo 18,15). Die klassischen Propheten bauten auf sein Fundament auf; immer wieder beriefen sie sich auf das Gesetz des Mose und appellierten an die Menschen, seine Gebote einzuhalten.

 

Um ca. 1100 v. Chr. begann Samuel seinen priesterlich-prophetischen Dienst in Israel. Er predigte Gottes Wort und war als Richter des Volkes tätig. Als König Saul Gottes Gebote verletzte, stellte Samuel ihn zur Rede, denn der König stand nicht über dem Gesetz (1Sam 13,8-14; 15,10-31). Seine persönliche Integrität und sein gottgefälliges Leben waren in ganz Israel ein Begriff (1Sam 12,1-5).

 

Um ca. 870 v. Chr. diente Elia in Israel (1Kön 17,1). Er rief das Volk auf, von dem Baal-Kult, in den es gefallen war, zu Gott zurückzukehren. Der größte Widerstand kam vom Königshaus, von König Ahab und seiner Frau Isebel, die Elia nach dem Leben trachtete, als er versuchte, ihre Pläne zur Durchsetzung des Baal-Kultes in Israel zu vereiteln. In 1. Könige 18 lesen wir den dramatischen Bericht über den Kampf Elias mit den Baalspriestern auf dem Karmel, wo Gott demonstrierte, dass er und nicht Baal des HERR Israels war.

 

So bereiteten Mose, Samuel und Elia den Boden vor für die klassischen Propheten, Gott benutzte den treuen Gehorsam, mit dem sie seine Aufträge erfüllten, als Fundament für sein kommendes prophetisches Wirken.

 

 

▪︎ Was die Propheten nicht waren

Bevor erläutert wird, wer und was die Propheten waren, sollte man zunächst klären, was sie nicht waren. Viele Bibelleser haben ganz falsche Vorstellungen vom Amt des Propheten, weil sie dazugehörige biblische Aussagen unzureichend studiert haben. 

 

1. Propheten waren keine hysterischen Schwätzer. Den biblischen Propheten ging es, entgegen einem weit verbreiteten Missverständnis, nicht darum, die Zukunft vorherzusagen. Vielmehr waren sie berufen, ihren Zeitgenossen eine Botschaft von Gott auszurichten. Sie galten als Mahner ihrer Zeit;

 

2. Propheten waren keine „Wahrsager“. Sie sagten den Menschen nicht auf Bestellung ihre Zukunft voraus, wie dies heute etwa ein Handlinienleser, Medium oder Astrologe tut, sondern Gott enthüllte ihnen seine Pläne, die sie dann dem Volk Gottes verkündigten, um es zu einem Leben der Nachfolge und Heiligung anzuhalten. Die Propheten hatten kein Interesse daran, die Menschen mit exotischen Zukunftsszenarien zu unterhalten;

 

3. Propheten waren keine „religiösen Fanatiker“, keine miesepetrigen Streithähne, die dauernd auf die nächste Gelegenheit warteten, ihre Meinungen an den Mann zu bringen. Sie waren vielmehr Gottes Diener, die Gottes Willen für sein Volk sahen und zutiefst daran litten, dass das Volk ihn so verfehlte. Sie hatten tiefe Überzeugungen von dem, was Gottes Wahrheit war, und sehnten sich nach dem Tag, wo auch ihre Zuhörer diese Überzeugungen erkennen und teilen würden.

 

 

▪︎ Was Propheten wirklich waren

Als Sprachrohr oder Sprecher Gottes bestand die Hauptaufgabe des Propheten darin, dem Volk Gottes die Botschaft Gottes im historischen Kontext der Geschehnisse unter Gottes Volk zu verkünden. Die weiteste Bedeutung ist die der Verkündigung; die engere Bedeutung ist die der Voraussage. Bei der Verkündigung der Botschaft Gottes enthüllte der Prophet manchmal etwas, was die Zukunft betraf, aber entgegen der landläufigen Meinung war dies nur ein kleiner Teil der Botschaft des Propheten. Die Voraussage beinhaltete die Einsicht in den Willen Gottes; sie war mahnend und forderte die Menschen zum Gehorsam auf. Die Voraussage hingegen beinhaltete die Einsicht in den Plan Gottes; sie war vorausschauend und ermutigte entweder die Gerechten im Hinblick auf Gottes Verheißungen oder warnte vor dem kommenden Gericht. Der Prophet war also der von Gott auserwählte Sprecher, der die Botschaft Gottes empfing und sie in mündlicher, bildlicher oder schriftlicher Form dem Volk verkündete. Aus diesem Grund lautete eine gängige Formel der Propheten: „So spricht der Herr“.

 

Als Sprecher Gottes kann ihre Botschaft in einer dreifachen Funktion gesehen werden, die sie unter dem Volk Gottes im Alten Testament hatten:

 

Erstens fungierten sie als Prediger, die dem Volk das mosaische Gesetz erläuterten und auslegten. Es war ihre Aufgabe, zu ermahnen, zu tadeln, die Sünde anzuprangern, mit den Schrecken des Gerichts zu drohen, zur Umkehr aufzurufen und Trost und Vergebung zu bringen.

 

Zweitens fungierten sie als Vorhersager, die das kommende Gericht, die Befreiung und Ereignisse im Zusammenhang mit dem Messias und seinem Reich ankündigten.

 

Drittens fungierten sie als Wächter über das Volk Israel (Hes 3,17). Hesekiel stand als Wächter auf den Mauern Zions, bereit, eine Warnung vor dem Abfall zu verkünden.

 

Die Propheten kamen aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen. Amos z.B, war Hirte und Maulbeerzüchter, als Gott ihn berief (Am 7,14). Jesaja sprach oft direkt zu dem Königshaus von Juda (Jes 7,3-9; 37,6–7,21-35; 38,1-8; 39,3-8). Jeremia wuchs unter den Priestern des Dorfes Anatot auf (Jer 1,1). Immer benutzte Gott den persönlichen Hintergrund des Propheten, um seinem Dienst seine besondere Prägung zu geben.

 

Aber trotz aller Unterschiede in Herkunft und Werdegang, die Propheten haben vieles gemeinsam:

 

1. Sie hatten alle ein Herz, das für Gott brannte. Sie liebten Gott, und sie liebten sein Wort und seine Gebote. Die Hingabe an ihn ging für sie über alles, selbst dann, wenn sie ihnen Nöte und Verfolgung brachte. Die Propheten wussten: Wenn sie Gottes Volk dazu bringen konnten, zu erkennen, was Gott von ihm erwartete, würde es sich vielleicht von seinen Sünden bekehren und zurück zu Gott kommen.

 

2. Sie hatten ein starkes Sendungsbewusstsein. Sie hatten sich ihre Rolle nicht selber ausgesucht, sondern Gott hatte sie in seinen Dienst berufen und ihnen seinen Auftrag gegeben. Dieses Wissen darum, dass Gott selber sie berufen und ausgerüstet hatte, gab ihnen die Kraft, selbst angesichts der schärfsten Opposition weiterzumachen. Gottes Ruf konnte schon in jungen Jahren erfolgen (Jer 1,4-5) oder den längst im Berufsleben stehenden Erwachsenen treffen (Am 7,14-15), aber jeder Prophet wusste, dass er sich seine Aufgabe nicht selber ausgesucht hatte; er musste das tun, wozu Gott ihn bestimmt hatte.

 

3. Sie waren Boten. Der Ausdruck „So spricht der Herr“ (oder andere Varianten) erscheint in den prophetischen Büchern über 350-Mal. Die Propheten versuchten nicht, sich selber zu verkaufen; sie waren Überbringer von Botschaften, dringenden Botschaften‚ die Gott ihnen offenbart hatte. Es kam vor, dass die Propheten verfolgt wurden, weil ihre Gerichtsbotschaft den Leuten nicht passte. Was Juda und Israel nicht begriffen: Diese Botschaft war ja gar nicht die der Propheten selber; sie verkündeten Gottes Wort, und er war der eigentliche „Gegner“ des Volkes.

 

4. Sie waren Prediger der Wahrheit, Menschen, die ihrer Generation Gottes Wahrheit verkündeten. Sie nannten die Missstände ihrer Zeit beim Namen und riefen die Menschen zur Buße auf. Sie erinnerten sie daran, dass Gottes Bund mit ihnen nicht nur viele Vorrechte, sondern auch Verantwortung mit sich brachte und zu einem Leben in Gerechtigkeit und Heiligkeit verpflichtete. Sie sprachen in erster Linie zu ihren Zeitgenossen, aber vieles an ihrer Botschaft ist zeitlos gültig. Da Gott sich nicht ändert, sind die Worte seiner Propheten auch eine Anfrage an sein Volk und die ganze Gesellschaft von heute.

 

5. Sie waren Künder der Zukunft. Gott offenbarte ihnen die Zukunft (manchmal die nahe Zukunft, manchmal auch die ganz ferne), und sie verkündeten sie den Menschen ihrer Generation. Sie sprachen von Gericht und Erneuerung, von schlechten und guten Nachrichten, und sie taten dies in erster Linie, um Gottes Volk zu einem treuen Leben in der Gegenwart zu motivieren.

 

6. Sie waren kreative Menschen, die die verschiedensten literarischen und mündlichen Techniken benutzten, um ihre Botschaft zu verkünden. Die einen benutzten Gleichnisse, die anderen sangen Klagelieder, in denen sie den schlimmen geistlichen Zustand des Volkes anprangerten. Sie konnten zum Stilmittel der Ironie greifen, ihre Zuhörer mit rhetorischen Fragen zum Nachdenken bringen und auf die bisherige Geschichte und den Bund Gottes verweisen. Auf all diese Arten riefen die Propheten die Menschen zur Umkehr zu ihren geistlichen Wurzeln auf.

 

 

▪︎ Arten von Propheten

Die ersten Propheten, die als solche bezeichnet werden, waren Abraham, Mose und Samuel (1Mo 20,7; 5Mo 18,15; 1Sam 3,20). Durch sie sprach Gott zu den Menschen und richtete seinen Bund mit dem Volk auf. Mose war das Urbild des Propheten und zugleich Vorausbild auf den großen Endpropheten, den Messias, der mächtige Worte durch mächtige Taten und eindeutige Erfüllungen belegen würde (5Mo 18,15-22). Während das Priester- und Königsamt auf bestimmte Stämme beschränkt blieb und Männern vorbehalten war, gab es Propheten aus mehreren Stämmen, sogar Prophetinnen: Mirjam, Debora und Hulda (2Mo 15,20; Ri 4,4; 2Kön 22,14).

 

Allgemein gilt Samuel als der Erste einer Reihe von Propheten, die während der gesamten Königszeit auftraten (1Sam 3,1; Apg 3,24).

 

Dabei kann man die „sprechenden“ von den „schreibenden“ Propheten unterscheiden:

 

• Die sprechenden Propheten

Gad – beriet David in der Wüste (1Sam 22,5)

Nathan – beriet David über den Bund und bei seinem Ehebruch (2Sam 12,1)

Jedo – schrieb die Geschichte Salomos (2Chr 9,29)

Ahija – sagte Jerobeam sein Königtum im Nordreich an (1Kön 11,29)

Schemaja – warnte Rehabeam, Jerobeam keinen Widerstand zu leisten (1Kön 12,22)

Mann Gottes – wies Jerobeam wegen seines Kälberkults zurecht (1Kön 13,1)

Alter Prophet – prüfte das Wort des Mannes Gottes (1Kön 13,11)

Asarja – ermutigte Asa in den Reformen seiner Frühzeit (2Chr 15,1)

Hanani – wies Asa wegen der Hilfe für Aram zurecht und wurde verhaftet (2Chr 16,7)

Jehu, der Sohn Hananis – wies Bascha von Israel zurecht (1Kön 16,1); wies Joschafat wegen des Bündnisses mit Ahab zurecht (2Chr 19,2)

Jahasiel – riet Joschafat, den Sieg vom Herrn zu erwarten (2Chr 20,14)

Elia – wies Ahab und Isebel wegen ihres Baalskultes zurecht (1Kön 17,1ff)

Unbekannter Prophet – beriet Ahab im Kampf gegen Aram (1Kön 20,13)

Micha – offenbarte Ahab seinen baldigen Tod (1Kön 22,14)

Elisa – kämpfte durch viele Wunder gegen den Baalskult in Israel (2Kön 2,1ff)

Junger Prophet – salbte Jehu zum König und Richter des Hauses Ahab (2Kön 9,1ff)

Secharja, der Sohn Jojadas – wies Joasch wegen seines Abfalls zurecht und wurde getötet (2Chr 24,20)

Obed – mahnte Pekach von Israel, die jüdischen Gefangenen freizulassen (2Chr 28,9)

 

 

• Die schreibenden Propheten

Fast alle schreibenden Propheten traten nach den sprechenden Propheten auf. Die meisten von ihnen wirkten nach der Säuberung durch Jehu, kurz vor der Vernichtung des Nordreiches und wieder unmittelbar vor dem Untergang des Südreiches. Generell tadelten sie wegen verbreiteten Niedergangs und kündigten Gericht an. Sie waren das nagende Gewissen der Nation. Daraus ergaben sich zwangsläufig ihre Hauptthemen:

 

1. Die ethischen Themen

a. Verurteilung von Götzendienst, Sittenverfall und Ungerechtigkeit; Aufruf zu Buße und Recht;

b. Gottes Wesen bedingt Gnade und Recht und bringt den Unbußfertigen Gericht;

c. Wahre Gottesfurcht beginnt im Herzen und beschränkt sich nicht auf die Hände.

 

2. Die endzeitlichen Themen

a. Der kommende Tag des HERRN in Israel und den Nationen;

b. Das Kommen des Messias in Gericht, Heil und Herrlichkeit;

c. Das messianische Zeitalter mit seinen Segnungen für Israel und die Nationen;

d. Die Errettung des treuen Überrests in Israel.

 

 

▪︎ Die Beziehung der Propheten zu den Priestern

Zwar wurden sowohl Propheten als auch Priester von Gott zu ihrem Dienst berufen, doch unterschieden sie sich in einigen wichtigen Punkten:

 

• Nach ihrer Berufung

Die Propheten waren einzeln berufen und ernannt, die Priester aufgrund ihrer Abstammung von Aaron.

 

• Nach ihrem Amt

Die Propheten vertraten Gott vor dem Volk; die Priester hingegen vertraten das Volk vor Gott. Darum wirkten die Priester am Heiligtum, in der Gegenwart Gottes, die Propheten jedoch in den Städten und Dörfern. Wenn Priester segneten, vertraten sie auch Gott vor dem Volk (5Mo 10,8).

 

• Nach ihrem Dienst

Die Propheten waren mit geistlicher Gerechtigkeit und innerer Reinheit befasst, während es den Priestern um geistliche Riten und äußere Reinheit ging. Beide Funktionen ergänzten einander im Bundessystem Israels.

 

• Nach ihrem Lehrauftrag

Beide hatten das Gesetz zu lehren. Die Auslegung des Gesetzes oblag den Priestern, die Erweckungspredigt jedoch den Propheten. Die Priester informierten, die Propheten reformierten. Die Priester unterwiesen den Verstand der Menschen, die Propheten rüttelten ihren Willen wach. So traten die Propheten mit grober Dringlichkeit auf, als das Gesetz von den Führern und vom Volk vernachlässigt wurde.

 

 

▪︎ Wahrer oder falscher Prophet?

Die Propheten sprachen als von Gott Bevollmächtigte: „So spricht der Herr.“ Aber was, wenn jemand nur vorgab, von Gott beauftragt zu sein? Wie konnte man einen echten von einem falschen Propheten unterscheiden?

 

5. Mose 13,1-5 und 18,21-22 gaben den Israeliten zwei Kriterien zur Unterscheidung zwischen echten und falschen Propheten an die Hand:

 

Erstens hatte die Botschaft des Propheten in Übereinstimmung mit der bereits erfolgten Offenbarung Gottes zu stehen. Ein Prophet z.B., der die Menschen aufrief, andere Götter anzubeten, musste ein falscher Prophet sein, denn die Verehrung Gottes allein war bereits in den Zehn Geboten festgelegt (2Mo 20,3). Gott widerspricht sich nicht.

 

Zweitens musste das, was ein Prophet ankündigte, sich auch erfüllen. Wenn er ein Zeichen oder Wunder versprach und dieses nicht eintraf, hatte das Volk nicht auf ihn zu hören.

 

Für falsche Propheten ordnete Gott die Todesstrafe an. Das mag uns heute viel zu streng erscheinen, doch vergessen wir nicht den ungeheuren geistlichen Schaden, den ein falscher Prophet anrichten konnte. Wenn die Menschen seinen Worten glaubten, konnte das ganze Volk unter Gottes Zorn fallen. Das prophetische Amt war etwas, das Gott sehr ernst nahm.

 

 

▪︎ Wie sind die prophetischen Worte zu uns gekommen?

Die Propheten richteten ihre Botschaften ursprünglich mündlich aus. Jesaja und Jeremia z.B. sprachen manchmal direkt zu den Königen von Juda (Jes 7,1ff.; Jer 37,17-20). Öfter sprachen die Propheten zum ganzen Volk (Jon 3,4; Jer 7,1-15). Dies wirft eine wichtige Frage auf: Was ist die Beziehung zwischen dem gesprochenen und dem geschriebenen Wort? Von wem und wann wurden die Worte der Propheten schriftlich fixiert?

 

Drei Antworten sind möglich, wobei jede etwas für sich hat:

1. Die Propheten haben ihre Botschaften selber niedergeschrieben; ob nun nach ihrer mündlichen Verkündigung oder vor ihr, als Vorlage, die sie dann wie ein Ausrufer verlasen. Gelegentlich befahl Gott einem Propheten die Niederschrift seiner Botschaft, damit das Volk am Tage des Gerichts einen schriftlichen Beweis in Händen hatte, dass Gott es durch seinen Propheten gewarnt hatte (z.B. Jes 8,16; Jer 36,2; Dan 12,4).

 

2. Manche Propheten benutzten Schreiber, um ihre Worte aufzuzeichnen. Baruch, der Schreiber Jeremias, schrieb nicht nur dessen Prophezeiungen auf, sondern fungierte gelegentlich sogar als sein Sprecher (Jer 36,4-6). Auch andere Propheten könnten sich solcher Assistenten bedient haben. Die Institution des Schreibers ist auch im Neuen Testament zu finden (Röm 16,22; 1Petr 5,12).

 

3. Einige der Propheten hatten möglicherweise Jünger, die ihre Aussprüche sammelten und zu den Büchern, die wir in unserer Bibel haben, zusammentrugen. Diese Variante ist eine Kombination der ersten beiden: Der Prophet (ob nun selber oder über einen Schreiber) zeichnete seine Botschaften auf, aber stellte sie noch nicht zu einem Buch zusammen; gegen Ende seines Lebens oder bald nach seinem Tod hielten seine Jünger bzw. Anhänger sie schriftlich fest und/oder sammelten sie. So konnte das Wirken eines Propheten noch über seinen Tod hinausgehen.

 

 

▪︎ Wichtige Themen der prophetischen Schriften

Bei aller Unterschiedlichkeit in Herkunft, Publikum und Stil zeigen die alttestamentlichen Propheten doch so etwas wie eine gemeinsame Stoßrichtung. Bestimmte Themen kehren immer wieder.

 

Ein häufiges prophetisches Thema sind die mit dem Gottesbund zusammenhängenden Verpflichtungen. Die Propheten riefen den Israeliten in Erinnerung, was am Berg Sinai geschehen war: Gott hatte ihnen seine Tora, das Gesetz, offenbart, sein Handbuch für ein ihm wohlgefälliges Leben. Er hatte seinen Bund bekräftigt, einen Bund mit weit reichenden Konsequenzen. Wahre Gottesfurcht war etwas, was das ganze Leben berührte. Was für Rollen die Menschen im Leben auch hatten, ob Vater, Mutter, Sohn, Tochter, Arbeitnehmer, Herr, Sklave usw., sie sollten sie im Lichte ihrer Beziehung zu Gott ausleben.

 

Dieses Thema der Bundespflichten hatte mehrere Aspekte:

1. Es bedeutete einen Aufruf, zu Gott und seinem Wort umzukehren. Die Welt, in der Israel und Juda lebten, war (gerade wie unsere Welt heute) voll von Versuchungen zu geistlichen und ethischen Kompromissen. Am Sinai hatte Israel Gottes Bund angenommen, aber die folgenden Generationen hatten sich nach und nach wieder von dem Gott, der ihnen Leben und Land gegeben hatte, entfernt, und entsprachen immer weniger dem, was er mit ihnen vorgehabt hatte. Die Propheten riefen das Volk Gottes zur Rückkehr zu seinen Wurzeln auf, Wurzeln, die letztlich in Gott und seinem Wort lagen.

 

2. Der Gottesbund bedeutete einen Ruf in die persönliche Heiligung. Gott hatte in die Geschichte eingegriffen, um sein Volk zu befreien, aber er wollte mehr als seine Befreiung, er wollte, dass es erlebte, was es heißt, heilig zu sein, heilig nicht nur im Sinne eines Nicht-mehr-Sündigens, sondern als eine positive Güte und Gerechtigkeit, die wie ein Licht in die geistliche Finsternis ihrer Mitmenschen hinausleuchten würde. Im Garten Eden hatten Adam und Eva die Heiligkeit, die Gott ihnen gegeben hatte, verloren. Jetzt, durch sein Gesetz und die Propheten, zeigte Gott den Menschen ihre Sünden und setzte sein Werk der Wiederherstellung der Heiligkeit unter ihnen fort.

 

3. Der Bund war ein Aufruf an Gottes Volk, in Frieden miteinander zu leben. Das hebräische Wort „Schalom“ (oft mit „Friede“ übersetzt) bedeutet wörtlich „Ganzheit“ oder „Vollständigkeit“. Gott wollte, dass seine göttlichen Eigenschaften der Liebe, Gnade, Barmherzigkeit, Heiligkeit und Gerechtigkeit auch im Leben seines Volkes Gestalt gewinnen sollten. Wenn die Israeliten im Glauben den Anweisungen der Tora folgten, würden alle Aspekte ihrer Gesellschaft in Einklang mit Gottes höchstem Willen kommen, und dann würde das Volk den wahren Schalom erfahren.

 

Ein zweites häufiges Thema ist der „Tag des HERRN“. Oft meint dieser Begriff ein bald bevorstehendes Gericht, dann wieder bezieht er sich auf Gottes eschatologisches Gericht am Ende der Zeiten. Zum Tag des HERRN gehören drei Aspekte: Gottes Gericht über die Ungläubigen, die Reinigung des Volkes Gottes und die Erlösung des Volkes Gottes. Die Propheten stellten klar, dass Gott die Sünde richten würde, wo immer er sie fand, ob im Leben der Ungläubigen oder in dem der Gläubigen. Aber er wollte auch, dass die Seinen seinem Bild gleich gestaltet würden, und er versprach ihnen, ihr Leben zu reinigen, selbst wenn er extreme Mittel dazu benutzen musste. Denen, die ihm treu folgten, versicherte er, dass er sie nie vergessen würde. Der Tag des HERRN, er würde kommen, und für die Treuen würde er ein wahrer Tag des Segens sein.

 

Ein drittes wichtiges Thema ist der Messias. Das Wort kommt von dem Hebräischen „maschiach“ und bedeutet „der Gesalbte“. Die griechische Parallele im Neuen Testament ist „christos“ für „Christus“. Die Salbung eines Menschen mit Öl symbolisierte, dass Gott ihn zu einem bestimmten Dienst einsetzte und seinen Geist auf ihn legte, um ihn zu diesem Dienst auszurüsten.

 

Die biblischen Schriften belegen, dass Könige, Priester und Propheten diese Salbung erhalten konnten. Im Alten Testament bezeichnet „maschiach“ gewöhnlich einen König, der „der Gesalbte des Herrn“ war (z.B. 1Sam 24,7; 2Sam 1,14), aber zur Zeit des Neuen Testaments hatte der Ausdruck eine neue Bedeutung bekommen; jetzt war der Messias Gottes erwählter Knecht, der einst kommen würde, um Gottes Reich aufzurichten und in Macht und Herrlichkeit zu regieren; er würde alle bisher Gesalbten weit übertreffen. Die Propheten benutzen nicht immer das Wort „Messias“, wenn sie von diesem einst Kommenden sprechen, aber sie reden von ihm und freuen sich auf sein Kommen. Das Neue Testament erklärt, dass wir sein Kommen in der Person Jesu Christi erlebt haben, der einst in Macht und Herrlichkeit wiederkommen wird.

 

 

▪︎ Die historischen Hintergründe der Propheten

Die prophetischen Bücher des Alten Testaments sind Dokumente des Dienstes von Menschen, die etwa in der Zeit von 700–400 v. Chr. wirkten. Diese Periode erlebte große Machtverschiebungen im Nahen Osten. Wenn neue Großmächte auf der Bühne der Geschichte erschienen, standen viele kleinere Völker vor der Wahl zwischen Unterwerfung und Untergang.

 

Die Propheten sahen in diesen Ereignissen das Wirken Gottes. Sie erklärten, dass Aufstieg und Fall der Reiche dieser Erde seinem Willen und Plan gehorchten. Er konnte und würde eine Nation – und wenn es Israel oder Juda war! – durch eine andere richten. Die Propheten verkündeten, dass die einzige Hoffnung Israels und Judas darin lag, dass sie ihrem geistlichen Erbe treu waren. Folglich riefen sie Gottes Volk auf, Buße zu tun und Gottes Bund zu halten.

 

Es waren drei Großmächte, die die Geschichte Israels und Judas direkt berührten: Assyrien, Babylon und Persien. Ein kurzer Abriss der Geschichte dieser Reiche wird dienlich sein, die Aufgaben, vor der die Propheten mit ihrer Predigt standen, besser zu verstehen.

 

 

• Die Assyrer

Archäologische Funde belegen, dass die Assyrer bereits um 2000 v. Chr. im Nahen Osten präsent waren. Die meisten frühen Funde kommen aus Kleinasien, doch einer der frühen Könige, Schamschi-Adad I. (1815–1782 v. Chr.), stieß nach Osten vor und unterwarf den Großteil Nordmesopotamiens.

 

Für den Rest des 2. Jahrtausends v. Chr. blieben die Assyrer ein eigenes Volk im nördlichen Mesopotamien, das sich gegen andere Mächte behaupten musste. Doch mit Beginn des 1. Jahrtausends begannen die assyrischen Könige, nach Westen, Richtung Syrien, zu expandieren. Einer der berühmtesten unter ihnen war Salmanasser III. (859–824 v. Chr.), der 853 v. Chr. bei Karkar gegen eine Koalition kleinerer Völker kämpfte, darunter Ben-Hadad II. von Damaskus und Ahab von Israel. Bei Karkar noch erfolglos, konnte Salmanassar später viele dieser Königreiche im Westen unterwerfen, darunter auch Israel, dessen König Jehu ihm tributpflichtig wurde.

 

Mit Tiglat-Pileser III. (745–727 v. Chr.) begann eine neue assyrische Expansionswelle. Israel und Juda befanden sich unter Jerobeam II. (825–785 (789) v. Chr.) bzw. Usija/Ussija (Asarja; 810–759 (790) v. Chr.) am Ende einer langen Blütezeit. Die zunehmende Vermischung des Gesetzes des Mose mit kanaanitischen religiösen Praktiken hatte zu einem religiösen Niedergang geführt. Revolten und Unruhen in Syrien führten zu Feldzügen Tiglat-Pilesers. 732 v. Chr. fiel Damaskus, Israel und Juda wurden Vasallenstaaten. Als Hosea, der letzte König Israels, sich gegen das assyrische Joch erhob, eroberten Salmanasser V. (727–722 v. Chr.) und sein Nachfolger Sargon II. (722–705 v. Chr.) Samaria und führten Israel ins Exil. Ein späterer König, Sanherib (705–681 v. Chr.), zog gegen König Hiskia von Juda, doch durch ein Eingreifen Gottes wurden die Assyrer am Sieg gehindert.

 

Im 7. Jahrhundert führten ständige Kriege, vor allem mit Babylon, zum Niedergang Assyriens. 626 v. Chr. gründete Nabupolassar das Neubabylonische Reich und konnte 612 v. Chr. mit Hilfe der Meder und anderen Verbündeter Ninive, die Hauptstadt des Assyrischen Weltreiches, erobern, worauf der assyrische Widerstand binnen weniger Jahre gänzlich zusammenbrach.

 

Die Propheten, die während der Periode der assyrischen Vorherrschaft wirkten, waren Jesaja, Hosea, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum und Zefanja. Jona, Hosea und Amos sprachen zu einer Generation, die die Macht des neu erwachten Assyriens zu spüren begann, Jesaja und Micha zu Menschen, die die West-Expansion Assyriens bereits erlebt hatten und es als bestimmende Macht in Israel erfuhren. Und Zefanja und Nahum prophezeiten zu einer Zeit, in der die Macht Assyriens bereits durch den Ansturm Babylons und seiner Verbündeten zu bröckeln begann.

 

 

• Die Babylonier

Wie die Assyrer erscheinen die Babylonier erstmals um 2000 v. Chr. auf der Bühne der Geschichte. Mit Hammurabi (1792–1750 v. Chr.), der vor allem für seine Gesetzessammlung bekannt ist, wurde Babylon das Zentrum eines Reiches, dessen Machtsphäre vom Persischen Golf bis nach Syrien reichte. Hammurabis Nachfolger konnten die von ihm eroberten Gebiete nicht halten, und 1595 v. Chr. fiel Babylon. Im 11. und 10. Jahrhundert kamen neue Völker nach Mesopotamien. Einige von ihnen zogen nach Süden, organisierten sich in strikten, „Häuser“ genannten Stammesgruppierungen und ließen sich am Unterlauf des Euphrat und Tigris nieder. Die Babylonier nannten diese Stämme „Chaldäer“. Ab dem 8. Jahrhundert finden wir Chaldäer auf dem babylonischen Königsthron. 626 v. Chr., als Assyrien im Niedergang begriffen war, gründete Nabupolassar (626–605 v. Chr.) in Babylon eine chaldäische Dynastie und konnte 612 v. Chr. mit Hilfe der Meder und anderer Verbündeter Ninive erobern. Sein Sohn, Nebukadnezar I. (605–562 v. Chr.), baute Babylon zur führenden Macht des Nahen Ostens aus.

 

In Juda spitzte sich unterdessen die geistliche Krise zu. Obwohl die Judäer miterlebt hatten, wie Gott die Assyrer benutzte, um Israel zu richten, taten die meisten von ihnen keine Buße. Manasse (697–643 v. Chr), einer der gottlosesten Könige Judas, führte die Nation in den geistlichen Niedergang. Die Menschen vermischten ihren Glauben mit kanaanitischen Praktiken und glaubten, dass Gottes Segen über Juda und Jerusalem garantiert wäre, egal, was für ein Leben sie führten. Unter Josia (641–610 (640) v. Chr.) kam es zu einer Erneuerung, die indessen nur kurzlebig war. Nach Josias Tod ging der Niedergang weiter. Jojakims (609–598 v. Chr.) Abfall von Nebukadnezar führte seinen Sohn Jojachin ins Babylonische Exil. Nebukadnezar setzte Zedekia (597–586 v. Chr.) auf den Thron und gab Juda eine letzte Chance. Als auch Zedekia das babylonische Joch abzuschütteln versuchte, zog Nebukadnezar erneut gegen Juda, zerstörte Jerusalem und den Tempel und führte das Volk ins Exil.

 

Die vier Nachfolger Nebukadnezars konnten das Reich, das er gegründet hatte, nicht halten. Bereits 539 v. Chr, keine 25 Jahre nach Nebukadnezars Tod, zog der Perserkönig Kyrus siegreich in Babylon ein.

 

Die Propheten der „babylonischen“ Periode sind Jeremia, Hesekiel, Daniel, Nahum, Habakuk und Zefanja. Jeremia erhielt seine Berufung etwa zur gleichen Zeit, als Nabupolassar an die Macht kam. Daniel und Hesekiel wirkten als Exulanten in Babylon.

 

 

• Die Perser

Mitte des 6. Jahrhunderts waren Babylon und Medien die beiden führenden Mächte in Mesopotamien. 550 v. Chr. wurde der Mederkönig Astyages von seinem Schwiegersohn, dem Perserkönig Kyrus, gestürzt. Kyrus wurde damit zum Herrn über ganz Nordmesopotamien, Syrien, Armenien und Kappadozien. 539 v. Chr. marschierte Kyrus gegen Babylon und nahm die Stadt kampflos ein.

 

Im Gegensatz zu den Assyrern betrieben die Perser eine sehr tolerante Politik gegenüber den eroberten Völkern. Kyrus respektierte ihre Sitten und religiösen Gebräuche; gleich nach der Einnahme Babylons erlaubte er in einem berühmt gewordenen Erlass allen Juden die Rückkehr nach Juda.

 

Die Heimkehrer begannen, den Tempel wiederaufzubauen, aber der Widerstand durch ihre Nachbarn brachte die Arbeiten bald zum Stillstand, bis zur Zeit des Darius I. (522–486 v. Chr.), als der Tempelbau unter dem maßgeblichen Einfluss der Propheten Haggai und Sacharja wiederaufgenommen und 516 v. Chr. vollendet wurde. Unter Artahsasta/Artaxerxes I. (465–423 v. Chr.) kamen Esra und Nehemia nach Juda; die Mauern Jerusalems wurden wiederaufgebaut und weitere geistliche Reformen durchgeführt. Doch viele Juden blieben in Babylon.

 

Unter Kyrus’ Nachfolger Ahasveros/Kambyses II. (529–521 v. Chr.) dehnte Persien seinen Einfluss bis nach Ägypten aus, und Darius I. und Ahasveros/Xerxes I. (486–465 v. Chr., der „Ahasveros“ des Buches Ester) führten mehrere Feldzüge gegen Griechenland. Die Hegemonie über Griechenland war nicht von Dauer; 331 v. Chr. besiegte Alexander der Große Darius III. (335–331 v. Chr.), was das Ende des Perserreiches war.

 

Die Propheten der „persischen“ Epoche sind Joel, Haggai, Sacharja und Maleachi. Haggai und Sacharja drängten das Volk, den Tempel fertig zu bauen und auf Gottes Führung zu vertrauen. Maleachi forderte die Israeliten auf, Gott in allem ihr Bestes zu geben, und Joel benutzte eine Heuschreckenplage seiner Zeit, um die Menschen vor dem Tag des HERRN zu warnen.

 

Wissenswertes

Die prophetischen Bücher können in drei Gruppen eingeteilt werden:

 

1. Die vorexilischen (vor der Gefangenschaft): Jesaja, Jeremia, Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zefanja;

2. Die exilischen (während der Gefangenschaft): Jeremia, Daniel, Hesekiel;

3. Die nachexilischen (nach der Gefangenschaft): Haggai, Sacharja, Maleachi.

 

Während der verschiedenen Geschichtsepochen Israels veränderte sich der Schwerpunkt der Botschaft der Propheten. Vor und während des Exils stand die Botschaft von Gericht, Buße und Trost (Verheißung der Wiederherstellung Israels) im Mittelpunkt. Nach dem Exil wurde der Schwerpunkt des prophetischen Wortes die Wiederherstellung des Staates und des Gottesdienstes in Juda.

 

Die Einteilung in die großen und kleinen Propheten, erfolgt nur nach dem Umfang ihrer Bücher und ist nicht historisch sowie nicht chronologisch. Die chronologische Reihenfolge der Propheten lautet daher:

 

 

• Vorexilische Propheten

● Krise: 976/975 (931) v. Chr. – Salomo stirbt; Beginn der Reichsteilung in Nordreich Israel und Südreich Juda

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Obadja | Nordreich Israel um ca. 845 v. Chr. | an Edom; Gerichtspredigt gegen Edom; König Judas: Joram, Sohn Josaphats; König Israels: Joram, Sohn Ahabs; König Assyriens: Salmanassar III.; Prophet Elisa wirkte 845–798 v. Chr; Elia wirkte 870–845 v. Chr.

 

 

● Krise: 886–858 (841) v. Chr. – Jehu wird König von Israel (Nordreich); Jehu tötet die Könige beider Reiche und riss den Thron an sich

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Joel | Südreich Juda um ca. 835–825 v. Chr. | an das Südreich; eine Heuschreckenplage als Gerichtshandeln Gottes war der Anlass, Israel zur Buße zu rufen. Joel prophezeit für die Endzeit die Geistausgießung (Joe 3 vgl. Apg 2,16-21) und ein großes Völkergericht; König Judas: Joas; König Israels: Jehu; König Assyriens: Salmanassar III.

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Jona | Nordreich Israel um ca. 785–760 v. Chr. | an Assyrien; Gerichtsbotschaft an Ninive, die Hauptstadt Assyriens; König Judas: Usia; König Israels: Jerobeam II.; König Assyriens: Assurdan III.

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Amos | wirkte im Nordreich Israel um ca. 760 v. Chr., aber stammt aus dem Südreich | an das Nordreich; Gerichtspredigt gegen Israel; König Judas: Usia; König Israels: Jerobeam II.; König Assyriens: Assurdan III.

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Hosea | Nordreich Israel um ca. 750–725 v. Chr. | an das Nordreich; Gerichtsbotschaft an Israel; Könige Judas: Usia, Jotam, Ahas, Hiskia; Könige Israels: Jerobeam II., Sacharja, Schallum, Menachem, Pekachja, Pekach, Hosea; Könige Assyriens: Assurdan III., Assurnirari V., Tiglat-Pileser III., Salmanasser V.

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Jesaja | Südreich Juda um ca. 740–680 v. Chr. | an das Südreich; Gerichtspredigt gegen Juda, Ankündigung des Reich Gottes; Könige Israels: Menachem, Pekach, Hosea; Könige Judas: Usia, Jotam, Ahas, Hiskia, Manasse; Könige Assyriens: Tiglatpilesar III., Salmanasser V., Sargon III., Sanherib

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Micha | Südreich Juda um ca. 735–720 v. Chr. | an das Südreich; Gericht über Samarien und Jerusalem; Heil durch den Messias; Könige Israels: Menachem, Pekachja, Pekach, Hosea (Untergang des Nordreiches 722 v. Chr.); Könige Judas: Jotan, Ahas, Hiskia; Könige Assyriens: Tiglat-Pileser III., Salmanasser V., Sargon III., Sanherib

 

 

● Krise: 722 v. Chr. – Untergang des Nordreiches: Sargon II. von Assur/Assyrien zerstört Samaria, die Hauptstadt des Nordreiches, und erobert Israel (Nordreich); im 9. Jahr Hoseas (= 6. Jahr Hiskias; 2Kön 18,10) ging das Nordreich unter (2Kön 17)

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Nahum | Südreich Juda um ca. 710 v. Chr. | an Assyrien; Gericht über Ninive; König Judas: Manasse; König Assyriens: Assurbanipal

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Jeremia | Südreich Juda um ca. 627–585 v. Chr. | an das Südreich, vor und während des Exils; Klagelieder während des Exils; Gericht über Juda und Jerusalem; Könige Juda: Josia, Joahas, Jojakim, Jojachin, Zedekia; König Assyriens: Assurballit

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Zefanja | Südreich Juda um ca. 625 v. Chr. | an das Südreich; Gericht über Juda und die Völker; König Judas: Josia; König Assyriens: Assurbanipal 

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Habakuk | Südreich Juda um ca. 605 v. Chr. | an das Südreich; Läuterungsgericht für Juda durch die Babylonier; König Judas: Josia; König Babylons: Nabopolasser

 

 

• Exilische Propheten

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Jeremia | Südreich Juda um ca. 627–585 v. Chr. | an das Südreich, vor und während des Exils; Klagelieder während des Exils; Gericht über Juda und Jerusalem; Könige Juda: Josia, Joahas, Jojakim, Jojachin, Zedekia; König Assyriens: Assurballit

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Daniel | Babylon um ca. 600–530 v. Chr. | an das Volk Israel im Exil in Babylon; aber auch an die Könige in Babylon und Persien; Vergänglichkeit der Weltreiche, am Ende siegt Gottes Reich; Könige Judas: Jojakim, Jojachim, Zedekia; nach Fall Jerusalems: Gedalja; nach Exil Stadthalter: Serubbabel; Könige Babylons: Nebukadnezar, Ewil-Merodach, Neriglissar, Labaschi-Marduk, Nabonid (Vizekönig Belsazar); König Persiens: Kyrus; König Mediens: Darius (als Teilkönig)

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Hesekiel | Babylon um ca. 590–570 v. Chr. | an das Volk Israel im Exil in Babylon; Gericht über Juda, Trost für die Gefangenen in Babel; König Judas: Zedekia; König Babylons: Nebukadnezar

 

 

● Krise: 586 v. Chr. – Untergang des Südreiches unter König Zedekia: Nebukadnezar von Babylon erobert Jerusalem ein drittes Mal und zerstört Jerusalem und den salomonischen Tempel komplett; das Südreich Juda fällt an Babel, und die Juden werden in Gefangenschaft geführt

 

 

• Nachexilische Propheten (nach der Rückkehr aus dem Exil und während des Wiederaufbaus von Jerusalem)

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Haggai | Südreich Juda um ca. 520 v. Chr. | an das Volk Israel nach dem Exil in Jerusalem; Anklage wegen noch nicht wiederaufgebautem Tempel; Statthalter Judas: Serubbabel; Hohepriester: Josua; König Persiens: Darius I.

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Sacharja | Südreich Juda um ca. 520–420 v. Chr. | an das Volk Israel nach dem Exil in Jerusalem; die herrliche Zukunft des messianischen Reiches nach Läuterung des Volkes; Statthalter Judas: Serubbabel; Hohepriester: Josua; Könige Persiens: Darius I., Xerxes

 

 

Name | Ort & Wirkungszeit | Adressat, Auftrag und politische Lage

Maleachi | Südreich um ca. 433–424 v. Chr. | an das Volk Israel nach dem Exil in Jerusalem; Trotz Verfall in Juda steht Gott zu seiner Verheißung. Ankündigung Johannes des Täufers; Statthalter Judas: Nehemia; König Persiens: Artaxerxes I.

 

 

Nach der Babylonischen Gefangenschaft ging die Bedeutung des Prophetentums in Israel langsam zurück. Dies hing sicher mit dem Aufkommen der Schriftgelehrten zusammen, Schriftgelehrte wurden später auch Rabbi bzw., Rabbiner, zu Deutsch „Meister“ genannt.

 

Da Propheten Gottes Willen durch direkte Offenbarung erfuhren und weitergaben, war es immer notwendig, deren Botschaft zu prüfen. Es gab viele falsche Propheten, auch Propheten, die ihre Meinungen, Wünsche und Träume mit dem Willen Gottes verwechselten (Jer 23,28). Um falsche von echten Propheten unterscheiden zu können, hatte Gott einen Maßstab gegeben (Deut 18,20-22).

 

In der Babylonischen Gefangenschaft entwickelte sich die Synagoge. Da es während des Exils keinen Tempel gab, wurde diese Mittelpunkt des jüdischen Lebens. In festen Gebäuden oder auch auf Gebetsplätzen an Flüssen (Ps 137,1; Apg 16,13) kamen die Juden zusammen. Man betete gemeinsam und las in den vorhandenen biblischen Schriften. Eine Gruppe von Schriftgelehrten, die das Wort weitergaben und interpretierten, bildete sich heraus. Einer der ersten in der Bibel genannten Schriftgelehrten war der Priester Esra (Esr 7,6).

 

Zur Zeit Jesu übten die Schriftgelehrten, die meist der rigoristischen Religionspartei der Pharisäer angehörten, einen stärkeren Einfluss als das Priestertum aus. Nach der Zerstörung des Tempels übernahmen sie vollends die Führung des Judentums bis in unsere Tage.

 

Auch Paulus war vor seiner Bekehrung ein jüdisch-pharisäischer Schriftgelehrter (Phil 3,4-6) gewesen. Nach seiner Bekehrung war er zwar kein Pharisäer mehr, er konnte aber seine gute Kenntnis der Schrift zur Verbreitung und Darstellung des Evangeliums optimal einsetzen (vgl. auch Mt 13,52).

 

Kurze Gliederung

▪︎ Jesaja – Von der Offenbarung des Messias

1. Hauptteil 1: Prophetischer Teil (Jes 1–35)

2. Mittelteil: Historischer Teil (Jes 36–39)

3. Endteil: Prophetisch/Messianischer Teil (Jes 40–66)

 

▪︎ Jeremia – Von der Verheißung eines neuen Bundes

1. Jeremias Vorbereitung (Jer 1,1-19)

2. Ankündigungen an Juda (Jer 2,1–45,5)

3. Gerichtsankündigungen über die Völker (Jer 46,1–51,64)

4. Der Fall Jerusalems (Jer 52,1-34)

 

▪︎ Klagelieder – Ein Prophet weint um sein verlorenes Volk

1. Erste Klage: Jerusalems Verwüstung (Klgl 1,1-22)

2. Zweite Klage: Gottes Zorn (Klgl 2,1-22)

3. Dritte Klage: Jeremias großer Schmerz (Klgl 3,1-66)

4. Vierte Klage: Ausführlicher Blick auf Gottes Zorn (Klgl 4,1-22)

5. Fünfte Klage: Das Gebet des Überrestes (Klgl 5,1-22)

 

▪︎ Hesekiel – Vom Gericht und die zukünftige Wiederherstellung

1. Prophezeiungen über den Untergang Jerusalems (Hes 1,1–24,27)

2. Prophezeiungen über Vergeltung an den Nationen (Hes 25,1–32,32)

3. Vorkehrungen für Israels Buße (Hes 33,1-33)

4. Prophezeiungen über Israels Wiederherstellung (Hes 34,1–48,35)

 

▪︎ Daniel – Die Schau des Aufstiegs und Niedergangs von Weltreichen

1. Daniels persönlicher Lebenshintergrund (Dan 1,1-21)

2. Der prophetische Verlauf der heidnischen Weltherrschaft (Dan 2,1–7,28)

3. Der prophetische Verlauf des Schicksals von Israel (Dan 8,1–12,13)

 

▪︎ Hosea – Der Ruf Gottes für sein Volk in Liebe zur Umkehr

1. Ehebrecherische Frau und treuer Ehemann (Hos 1,1–3,5)

2. Das ehebrecherische Israel und der treue Herr (Hos 4,1–14,10)

 

▪︎ Joel – Der zukünftige große Tag des HERRN

1. Die Erfahrung des Tages des HERRN: Historisch (Joe 1,1-20)

2. Die Illustration des Tages des HERRN: Übergang (Joe 2,1-17)

3. Die Beschreibung des Tages des HERRN: Eschatologisch (Joe 2,18–4,21)

 

▪︎ Amos – Eine Warnung vor dem Gericht Gottes

1. Gerichte über die Völker (Am 1,1–2,16)

2. Verurteilung Israels (Am 3,1–6,14)

3. Visionen von Gericht und Wiederherstellung (Am 7,1–9,15)

 

▪︎ Obadja – Das Gericht Gottes und seine Königsherrschaft

1. Gottes Gericht über Edom (Obd 1,1-14)

2. Gottes Gericht über die Völker (Obd 1,15-16)

3. Gott stellt Israel wieder her (Obd 1,17-21)

 

▪︎ Jona – Das Zeichen Jonas und die Umkehr Ninives

1. Gottes Werk an Jona im Westen (Jon 1-2)

2. Gottes Werk an Ninive im Osten (Jon 3-4)

 

▪︎ Micha – Das Gericht über Samaria und Juda

1. Historischer Rahmen (Mi 1,1)

2. Gott richtet und erlöst (Mi 1,2–2,13)

3. Gott richtet Herrschende und erlöst (Mi 3,1–5,14)

4. Gott bringt Anklagen hervor und die letztendliche Erlösung (Mi 6,1–7,20)

 

▪︎ Nahum – Gericht über Ninive

1. Einleitung (Nah 1,1)

2. Ninives Zerstörung wird verkündet (Nah 1,2–2,1)

3. Details über Ninives Zerstörung (Nah 2,2-14)

4. Ninives Zerstörung wird gefordert (Nah 3,1-19)

 

▪︎ Habakuk – Leben durch Glauben

1. Einleitung (Hab 1,1)

2. Die Ratlosigkeit des Propheten (Hab 1,2–2,20)

3. Das Gebet des Propheten (Hab 3,1-19)

 

▪︎ Zefanja – Gnade und Schutz Gottes inmitten von Gericht

1. Historischer Rahmen (Zef 1,1)

2. Das Gericht des Herrn (Zef 1,2–3,8)

3. Der Segen des Herrn (Zef 3,9-20)

 

▪︎ Haggai – Der Ruf zum Wiederaufbau des Tempels

1. Tadel für Ungehorsam (Hag 1,1-11)

2. Der Überrest gehorcht und baut (Hag 1,12-15)

3. Rückkehr der Herrlichkeit Gottes (Hag 2,1-9)

4. Religiöse Fragen (Hag 2,10-19)

5. Herrschaft des Herrn (Hag 2,20-23)

 

▪︎ Sacharja – Die Vorbereitung auf den kommenden Messias

1. Aufruf zur Buße (Sach 1,1-6)

2. Sacharjas acht nächtliche Visionen (Sach 1,7–6,15)

3. Sacharjas vier Botschaften (Sach 7,1–8,23)

4. Die zwei Lasten Sacharjas (Sach 9,1–14,21)

 

▪︎ Maleachi – Die Liebe Gottes zu seinem sündigen Volk

1. Verurteilung von Israels Sünden (Mal 1,1–2,16)

2. Ankündigung von Israels Gericht und Segen (Mal 2,17–3,24)


Gottes Segen Euch allen!

 

1. Thessalonicher 5,23

„Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!“

 

Amen