Klagelieder – Das Buch der Klage über die Zerstörung Jerusalems


Klagelieder 2,11

Meine Augen sind ausgeweint, mein Inneres kocht; mein Herz schmilzt in mir wegen des Zusammenbruchs der Tochter meines Volkes, weil Kind und Säugling verschmachten auf den Straßen der Stadt!


Stellung im Kanon

Das 25. Buch der Bibel

Das 25. Buch im Alten Testament

Das 3. Buch der (großen) Propheten

 

Einordnung

Das Buch Klagelieder ist das 25. Buch der Bibel und des Alten Testaments. Zudem ist es das 3. Buch im vierten Teil des deutschsprachigen Kanons, der als Prophetenbücher bezeichnet wird und zugleich das 3. Buch der großen Propheten. „Groß“ bezieht sich auf die Länge ihrer Prophezeiungen, im Vergleich zu den Werken der kleinen Propheten. Im Bibelkanon folgt Klagelieder dem Jeremia und liegt hinter Hesekiel.

 

Die Reihenfolge in deutschsprachigen Bibeln ergibt einen guten Sinn, denn die Klagelieder hängen untrennbar mit dem Propheten Jeremia zusammen und haben den gleichen historischen und geistlichen Hintergrund. Allerdings sind sie nicht einfach als Anhang zu Jeremia zu betrachten, sondern als eigenständiges Buch mit eigenem Thema und Schwerpunkt.

 

Im Tanach, der jüdischen oder hebräischen Bibel, wird das Buch Klagelieder zur dritten Kanongruppe (Ketuvim = Schriften) gezählt, die in die drei poetischen Bücher (hebr. Sifrei Emet), die fünf Schriftrollen (hebr. Hamesch Megillot) sowie die übrigen Bücher unterteilt wird. Hier steht Klagelieder innerhalb der Ketuvim an 6. und unter den fünf Schriftrollen an 3. Stelle.

 

Innerhalb der Schriften gehört das Buch Klagelieder zu den sogenannten „fünf Festrollen“ (hebr. Chamesch Megillot), die an bestimmten Festen im Tempel vorgelesen wurden. Klagelieder ist die dritte Festrolle und dem sogenannten Fasten des 5. Monats (Tischa be-Ab) zugeordnet, das am 9. Tag im Monat Ab (Juli–August) begangen wird. Tischa be-Ab stellt den Fast- & Gedenktag an die Tempelzerstörung dar. Die Klagelieder wurden zur Erinnerung an das Datum der Zerstörung Jerusalems und des Ersten Tempels durch Nebukadnezar gelesen. Interessanterweise wurde später zum gleichen Datum der Zweite Tempel von den Römern im Jahr 70 n. Chr. zerstört. Jedoch hat das Judentum bis heute den Zusammenhang zwischen der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. und der Ablehnung des Messias Jesus Christus nicht erkannt. Jesus hatte dieses Ereignis klar vorausgesagt wie damals Jeremia zur Zeit des ersten Tempels (Lk 19,43-44). Auch heute noch wird das Buch Klagelieder traditionell öffentlich am Fast- & Gedenktag in der Synagoge gelesen. Der Grund, warum dieses Buch mit diesem Tag in Verbindung gebracht wird, ist relativ einfach. Bei den Klageliedern handelt es sich um Jeremias Klage über den Fall Jerusalems und die Trauer über die beiden Zerstörungen des Tempels. Die anderen Megillot (pl., sg. Megilla; Schriftrolle) sind in der Reihenfolge ihres Erscheinens Rut, Hohelied, Prediger sowie Ester und sind jeweils den wichtigen Festen Passahfest (Pessach), Wochenfest (Schawuot), Laubhüttenfest (Sukkot) und dem Fest der Lose (Purim) zugeordnet.

 

Umfang

| 5 Kapitel | 154 Verse | 3.411 Wörter | Klgl |

 

Titel

Hebräisch: Ekah (אֵיכָה) 

Griechisch: Threnoi (θρῆνοι)

Latein: Threnorum/Threni

Englisch: Lamentations

Deutsch: Klagelieder

 

 

Der Titel „Klagelieder“ beschreibt den Inhalt des Buches sehr genau. Das Buch besteht aus fünf schwermütigen Kapiteln der Wehklage über die völlige Zerstörung Jerusalems und des Tempels durch das Heer aus Babylon.

 

Der hebräische Titel dieses Buches lautet „ekah“ und bedeutet „ach“ oder „wehe“, was „Bestürzung“ im Sinne von „lauten Schreien“ oder „Klagerufen“ ausdrückt. Jüdische Schriftgelehrte nannten deshalb das Buch schon früh „kinot“ „laute Schreie“ oder „Klagelieder“ (Jer 7,29).

 

Unter den späteren Rabbinern tauchte auch die Bezeichnung „Kinot“ auf, was ein „lauter Schrei“ oder Klageruf, Totenklage bedeutet.

 

Der griechische Titel in der Septuaginta (Abk. LXX) – die älteste Übersetzung des Alten Testaments in die griechische Sprache – lautet „Threnoi“.

 

In der Vulgata – der lateinischen Übersetzung der Bibel – lautet der Titel „Threnorum“ oder „Threni“.

 

In deutschsprachigen Bibeln wird der Titel „Klagelieder“ bzw. „die Klagelieder Jeremias“ verwendet.

 

 

Verfasser & Abfassungszeit

Gott durch Jeremia um ca. 586/585 v. Chr. (während oder kurz nach dem Fall Jerusalems)

 

Die Klagelieder entstanden in der schmerzlichsten Zeit der Geschichte Israels, als Gottes Volk in die Gefangenschaft nach Babylon deportiert wurde. Nach dem Untergang Jerusalems und des Tempels verfasste Jeremia unmittelbar nach 586 v. Chr. die „Klagelieder“, noch bevor er nach Ägypten verschleppt wurde.

 

Es steht außer Zweifel, dass Jeremia der inspirierte Autor dieses Ausbruchs von Kummer, dieses Bekenntnisses der Sünde Israels und der Abhängigkeit von Gott ist. Aber diese Tatsache ist nicht nur ernsthaft in Frage gestellt, sondern sogar geradeheraus geleugnet worden. Auch wenn der Verfasser im Buch selbst nicht genannt wird, stützt die enge Beziehung der Klagelieder mit den Themen und dem Stil des Buches Jeremia die Vermutung, dass das Buch von demselben Propheten verfasst wurde, von dem es heißt, dass er „eine Klage über Josia aussprach“ (2Chr 35,25). Gott selbst forderte ihn auf, eine Klage über Juda zu erheben (Jer 7,29).

 

Obwohl der literarische Stil etwas vom Buch Jeremia unterscheidet, sind viele Themen und Ausdrücke ähnlich: „Jungfrau, Tochter Judas“ (Klgl 1,15; Jer 14,17); „Augen fließen von Tränen“ (Klgl 1,16; 2,11; Jer 8,23; 9,17b; 13,17b); „Schrecken ringsum (Klgl 2,22; Jer 6,25; 20,10); „Übe Vergeltung, Herr“ (Klgl 3,64-66; Jer 11,20 u.a.).

 

Die griechische Übersetzung, die Septuaginta, enthält für die Klagelieder eine Einführung, die auf ein hebräisches Original schließen lässt: „Und es geschah, als Israel in die Gefangenschaft geführt und Jerusalem zerstört wurde, dass Jeremia weinend mit diesem Klagelied über Jerusalem klagte, indem er sprach …“ (danach beginnt das erste Kapitel).

 

Unter der Leitung des Heiligen Geistes schrieb Jeremia alles nieder (2Tim 3,16; 2Petr 1,21).

 

 

▪︎ Profil Jeremia (hebr. Jirmejah oder Jirmejahu)

Namensbedeutung: Sein Name kann in der deutschen Sprache zwei Bedeutungen haben: „Jahwe hat erhoben“ oder „aufgerichtet“ und „Jahwe gründet“. „Jahwe möge aufrichten“, im Sinne der Errichtung eines Fundaments, oder „Jahwe gründet, ernennt oder sendet“.

 

Nicht zu verwechseln mit acht anderen Männern gleichen Namens (Esr 23,31; 1Chr 5,24; 12,4.10.13; Neh 10,2; 12,1; Jer 35,3).

 

Heimatort: Anatot, eine Levitenstadt einige Kilometer nordöstlich von Jerusalem im Gebiet von Benjamin; nach Josua 21,18 war Anatot eine der Städte, die den Nachkommen des Priesters Aaron gegeben worden waren.

 

Familie: Jeremia stammte aus einer angesehenen Priesterfamilie; Sohn des Priesters Hilkija, nicht zu verwechseln mit dem Hohepriester Hilkija, der unter Josia das Gesetzbuch fand; möglicherweise ein Nachkomme Abjatars, der Hohepriester unter David war. Er blieb nach Gottes Willen unverheiratet, um das nahe Gericht über Jerusalem zu verdeutlichen (Jer 16,2ff).

 

Zeitgenosse: Baruch; Jeremia, Daniel und Hesekiel waren Zeitgenossen, wobei Jeremia der älteste von ihnen war.

 

Berufung: Prophet im Südreich und Geschichtsschreiber. Wirkte während der Regierungszeit der letzten fünf Könige Judas (Josia, Joahas, Jojakim, Jojakin und Zedekia; eine Beschreibung dieser Zeit finden wir in 2Kön 22–25), etwa 40 Jahre lang (627–586 v. Chr.) vor der Zerstörung in Jerusalem und 5 Jahre in Ägypten (Jer 43–44).

 

Besondere Bedeutung: Der „weinende Prophet“, dessen tränenreiche Bekenntnisse und schmerzvolle Ausbrüche (Jer 8,18–9,1; 12,1-4; 20,7-18) und seine leidenschaftliche Anprangerung der Sünden in der Gesellschaft zum Begriff „Jeremiade“ führten. Mit seiner Ankündigung von Jerusalems bevorstehendem Gericht machte er sich viele Feinde und landete mehrfach im Gefängnis (Jer 37,15-16.21; 38,6.28). Er schrieb das Buch, das nach ihm benannt ist, und gilt allgemein als Verfasser der Bücher 1. und 2. Könige, welche die Geschichte der beiden Königreiche (Juda und Israel) behandeln, und zwar von da an, wo der Bericht der Samuelbücher endet (d. h. von den letzten Jahren der Regierung Davids über ganz Israel an), bis zum Untergang der beiden Königreiche. Seine chronologischen Angaben über die Regierungszeit der Könige (wobei er die Regierungen der Könige von Israel und Juda miteinander verglich, oder einander gegenüberstellte) helfen uns, die Daten gewisser Ereignisse genau zu ermitteln. Nach dem Sturz Jerusalems schrieb Jeremia auch das Buch der Klagelieder.

 

Jeremia ist einer der großen Schriftpropheten des Alten Testaments. Der Prophet ist einzigartig, indem er uns sein Herz und seine Persönlichkeit mehr als jeder andere Prophet des Alten Testaments offenbart. Nur wenige Nachfolger Gottes erleben eine so dramatische Berufung wie Jeremia. Das erste Mal sprach Gott in Josias 13. Regierungsjahr zu Jeremia (ca. 627 v. Chr.). Gott sagte zu ihm: „Ehe ich dich im Mutterleib bildete, habe ich dich ersehen, und bevor du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt; zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt!“ (vgl. Jer 1,2-5). Er war somit einer der wenigen Männer, für deren Geburt Gott die Verantwortung übernahm, indem er entweder ein Wunder wirkte oder die Dinge so lenkte, dass die Betreffenden seine besonderen Diener werden konnten. Zu diesen Männern gehörten Isaak, Simson, Samuel, Johannes der Täufer und Jesus.

 

Jeremia bezeichnet sich als „jung“, als er berufen wurde (Jer 1,6), d.h. dass er damals um die 20 Jahre alt war und unter Manasse (ca. 697–643 v. Chr.) und Amon (642–641 v. Chr.) aufgewachsen war. Manasse verführte Juda zu schlimmeren Sünden als die Übertretungen der Völker es gewesen waren, die aus Kanaan vertrieben worden waren (2Kön 21,9.11). Amon regierte nur kurz, aber er führte die Gottlosigkeit seines Vaters fort. Die Sünden dieser zwei Könige waren u.a.: Wiederaufbau der „Höhen“ für den Götzendienst, die Manasses Vater Hiskia entfernt hatte (2Kön 21,3); Wiedereinführung des Baalskults (Jer 21,3); Einführung der Anbetung assyrischer Götter (Jer 21,3); Bau heidnischer Altäre im Tempel (Jer 21,4-5); Errichtung eines Ascherabildes im Tempel (2Kön 21,78); Durchführung von Kinderopfern (2Kön 21,6); Beteiligung an okkulten Praktiken wie Wahrsagerei, Hexerei und Geisterbeschwörung (Jer 21,6); Vergießen von unschuldigem Blut in Jerusalem (2Kön 21,16). Als Folge dieser Sünden kündigte Gott ein strenges Gericht an (Jer 21,12). Das Schicksal des Volkes war schon vor Jeremias Geburt angekündigt worden, und der Prophet wurde schon im Mutterleib berufen, Gottes bevorstehendes Gericht zu verkünden (Jer 1,5.9-10), Trotz Josias außergewöhnlicher Reformen (2Kön 23) würde Juda erobert und ins Exil deportiert werden.

 

Jeremias Mut und Standhaftigkeit entsprachen seiner Liebe zu seinem Volk. Er musste Strafankündigungen und furchterregende Gerichtsbotschaften verkünden, die vor allem an die Priester, die Propheten und die Vorsteher des Volkes sowie an die gerichtet waren, die dem „allgemein beliebten Lauf“ folgten und eine „dauernde Untreue“ entwickelt hatten (Jer 8,5-6). Jeremia wusste aber, dass er auch den Auftrag hatte, „zu bauen und zu pflanzen“ (Jer 1,10). Er weinte über das Unglück, das Jerusalem bevorstand (Jer 8,21-22; 9,1). Die Klagelieder sind ein offenkundiger Beweis dafür, dass Jeremia den Namen und das Volk Jehovas liebte und daran interessiert war. Während seiner langen Laufbahn war Jeremia hin und wieder entmutigt und benötigte Gottes Zuspruch, doch selbst unter den widrigsten Umständen vergaß er nie, Gott um Hilfe anzurufen (Jer 20).

 

Auf Jeremia wird als Vorbild des Glaubens in Hebr 11,35-36 angespielt (vgl. Jer 20,1-6; 37,15; 38; Jeremia wurde gefoltert und ausgepeitscht).

 

Lebensende: Einigen Überlieferungen zufolge starb er in Ägypten, nachdem er von Überlebenden der Jerusalemer Belagerung dorthin verschleppt worden war (Jer 43,1-7). Andere besagen, dass er nach dem Einfall der Babylonier 587 v. Chr. von Ägypten nach Babel gebracht wurde.

 

Jeremias Geschichte wird im Buch Jeremia erzählt. Darüber hinaus wird er in Esra 1,1; Daniel 9,2; Matthäus 2,17; 16,14; 27,9 erwähnt. Eine Darstellung der geistlichen Erneuerung unter Josia findet sich in 2. Chronik 34–35.

 

 

▪︎ Zeitabschnitt von Klagelieder

Die Geschehnisse im Buch Klagelieder decken einen Zeitraum von ca. einem Jahr ab.

 

641–610 (640) v. Chr. – Josia wird König von Juda (Südreich)

(627) v. Chr. – Jeremia beginnt seinen Prophetendienst

612 v. Chr. – Ninive, die Hauptstadt von Assur/Assyrien wird geplündert und zerstört

609–598 v. Chr. – Jojakim wird König von Juda (Südreich); Necho von Ägypten tötet Josia im Kampf

606 v. Chr. – 1. Wegführung ins Exil nach Babylon (Dan 1); Nebukadnezar plündert den Tempel, nimmt die Gegenstände mit sich und bringt sie in den babylonischen Tempel in Sinear/Schinar; adlige junge Männer werden verschleppt (2Kön 23,36–24,6; 2Chr 36,5-8; Dan 1)

597 v. Chr. – 2. Wegführung ins Exil nach Babylon (Hes 1); Nebukadnezar kehrt zurück und plündert den Tempelschatz erneut (2Kön 24,8-16; 2Chr 36,7-10; Jer 52,28; Hes 1,2)

590 v. Chr. – Hesekiel beginnt seinen Prophetendienst

586 v. Chr. – 3. Wegführung ins Exil nach Babylon (2Kön 24,18–25,21; 2Chr 36,11-21; Jer 52,29); Untergang des Südreiches unter König Zedekia: Nebukadnezar von Babylon erobert Jerusalem ein drittes Mal und zerstört Jerusalem und den salomonischen Tempel komplett; das Südreich Juda fällt an Babel, und die Juden werden in Gefangenschaft geführt (im 11. Jahr Zedekias (2Kön 24,18) ging das Südreich unter. Dieses Jahr entsprach dem 19. Jahr Nebukadnezars (2Kön 25,2.8) = 586 v. Chr.); Jeremia wird nach Ägypten gebracht

582 v. Chr. – Vierte Wegführung (Jer 52,30)

539 v. Chr. – Kyrus erobert Babylon; Eroberung Babylons durch die Perser und Meder im Herbst unter Kyrus (Dan5)

538 v. Chr. – Heimkehredikt des Kyrus von Persien, in der Folge jüdische Heimkehr aus dem Exil in Babylon unter persischer Oberaufsicht (2Chr 36,22-23; Esr 1)

(Biblische Bücher, die in diese Zeit fallen: Jesaja; Jeremia; Hosea; Joel; Amos)

 

Hinweis: Die verwendeten Jahreszahlen folgen einer alternativen, aber strikten biblischen Chronologie, bei der nur Zeitangaben aus der Bibel verwendet werden, ohne sie als Abschreibe- oder Übersetzungsfehler bezeichnen zu müssen. Die Zeitangaben der traditionellen Chronologie sind in Klammern gesetzt.

 

 

Empfänger

1. Das Volk Israel (Juden)

2. Alle anderen Völker (Heiden; jeder, der an das Evangelium von Christus glaubt)

 

Zu den ursprünglichen Lesern und Zuhörern der Klagelieder gehörten die Überlebenden der Zerstörung Jerusalems im Südreich Juda. Schockiert und traurig über den Verlust ihrer Hauptstadt, ihrer Freunde und Familienmitglieder, identifizieren sich die Klagelieder mit dem Kummer der Menschen und blicken gleichzeitig auf eine zukünftige Hoffnung.

 

Römer 1,16

„Denn ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist Gottes Kraft zur Errettung für jeden, der glaubt, zuerst für den Juden, dann auch für den Griechen“

 

Da Christus und sein Evangelium Mittelpunkt jedes biblischen Buches sind, stehen als Empfänger an erster Stelle die Juden, die Menschen aus dem jüdischen Volk und dann auch die Heiden, die Menschen aus allen anderen Völkern, welche an das Evangelium von Christus glauben. Bei der obigen Aussage „für den Griechen“ sind somit die nichtjüdischen Völker gemeint, die zumeist Heiden waren und deren Hauptsprache damals das Griechische war. Wenn hier also von „Griechen“ gesprochen wird, dann ist damit die gesamte heidnische Welt im Gegensatz zu den Juden gemeint. Dieser Gegensatz ist nach Galater 3,28 und Epheser 2,14 durch Jesus Christus aufgehoben.

 

Hintergrund & Umfeld

Die Klagelieder des Propheten Jeremia sind Trauergesänge auf den Fall Jerusalems, in denen das Mitgefühl des Propheten, aber auch das Herz Gottes offenbar wird, das über die Verwüstung und das Elend der geliebten, heiligen Stadt trauert. Das Buch ist eine sehr anschauliche Gegenwartsbeschreibung der schrecklichen Bedingungen direkt nach Jerusalems Zerstörung im Jahr 70 n. Chr.

 

Von 588 bis 586 v. Chr. gelang es dem babylonischen Heer, die Verteidigung Jerusalems systematisch zu durchbrechen. Judas ursprüngliche Begeisterung nach seiner Rebellion gegen Babylon wich einem Gefühl der Unsicherheit und Furcht. Ägypten, sein Verbündeter, hatte eine militärische Niederlage hinnehmen müssen, als es vergeblich versucht hatte, Juda von dem Zugriff der Babylonier zu befreien. Eine jüdische Stadt nach der anderen wurde erobert (vgl. Jer 34,6-7), bis nur noch Jerusalem den babylonischen Heerscharen Widerstand entgegensetzte.

 

Innerhalb der Stadt ließ der immer enger werdende babylonische Belagerungsring die gesellschaftlichen Strukturen und Normen zerbrechen. Mütter aßen ihre eigenen Kinder (Klgl 2,20; 4,10). Der Götzendienst florierte, denn die Menschen schrien zu jedem ihnen bekannten Gott um Hilfe. Die Menschen wurden vom Wahnsinn erfasst. Schließlich wollten sie gar den Propheten Gottes als Verräter und Spion töten, nur weil er die Wahrheit verkündete.

 

Die lange Belagerung endete ganz plötzlich 586 v. Chr. Die Mauern wurden durchbrochen, und das babylonische Heer drang in die Stadt ein (2Kön 25,2-4). König Zedekia und die übriggebliebenen Männer seiner Armee versuchten zu fliehen, wurden aber gefangengenommen (2Kön 25,4-7). Mehrere Wochen dauerte es, bis Nebukadnezar die Stadt von Widerstandskämpfern gesäubert und alles Wertvolle geraubt hatte. Wenige Wochen später war diese Aufgabe erfüllt, und die Zerstörung der Stadt begann (2Kön 25,8-10). Die babylonischen Truppen verbrannten den Tempel, den Königspalast und alle größeren Gebäude der Stadt und rissen die Mauern, die ihr Schutz geboten hatten, nieder. Als die Babylonier schließlich ihr Zerstörungswerk vollendet hatten und mit ihren Gefangenen abgezogen waren, ließen sie nur Ruinen und wertloses Gerümpel zurück.

 

Jeremia musste die Entweihung des Tempels und die Zerstörung Jerusalems mitansehen (vgl. Jer 39,1-14; 52,12-14). Die vormals so stolze Hauptstadt war in den Staub getreten worden. Ihre Bevölkerung war einem grausamen Sklavenhalter ausgeliefert. All dies lastete schwer auf Jeremias Seele, als er sich niedersetzte und diese Klagelieder schrieb.

 

Die prophetische Saat der Zerstörung Jerusalems wurde von Josua 800 Jahre zuvor gelegt (Jos 23,15.16). 40 Jahre lang (ca. 645–605 v.Chr.) hatte Jeremia das zukünftige Gericht vorausgesagt und wurde vom Volk für seine Gerichtsankündigungen verspottet. Als das Gericht über das ungläubige Volk durch Nebukadnezar und die babylonische Armee hereinbrach, reagierte Jeremia noch immer mit großer Trauer und Mitleid für sein widerspenstiges Volk. Das Buch der Klagelieder ist eng mit dem Buch Jeremia verbunden und beschreibt die Qualen Jerusalems aufgrund des göttlichen Gerichts über unbereuter Sünden. In dem Buch, dass seinen Namen trägt, hatte Jeremia das Unglück in Jeremia 1–29 vorausgesagt. In den Klageliedern konzentriert er sich mehr auf die Einzelheiten des bitteren Leids und der großen Trauer, die über Jerusalems Verwüstung empfunden wurde (vgl. Ps 46,4-5). Jerusalems Zerstörung war so bedeutsam, dass die Tatsachen in vier verschiedenen alttestamentlichen Kapiteln berichtet werden (2Kön 25; Jer 39,1-11; 52; 2Chr 36,11-21).

 

Schlüsselorte

Jerusalem

 

Kurz nach dem Fall Jerusalems 586 v. Chr. ist die Stadt von den Babyloniern erobert und zerstört, ein Großteil der Bewohner getötet oder verschleppt worden.

 

Schlüsselereignisse

Erste Klage: Jerusalems Verwüstung, zweite Klage: Gottes Zorn, dritte Klage: Jeremias großer Schmerz, vierte Klage: Ausführlicher Blick auf Gottes Zorn, fünfte Klage: Das Gebet des Überrestes

 

Schlüsselpersonen

(Jeremia, die Einwohner Jerusalems)

 

Jeremia = „Jahwe möge aufrichten“

Prophet in Juda; betrauerte die Zerstörung Jerusalems (Klgl 1,1–5,22)

 

Die Einwohner Jerusalems – von Gott wegen ihrer schweren Sünden gerichtete Menschen (Klgl 1,1–5,22)

 

Schlüsselverse

(Klgl 1,4; 2,11; 3,22; 4,5; 5,19-22)

 

Klagelieder 1,4

„Die Straßen Zions trauern, weil niemand mehr zu den Festen kommt; alle ihre Tore sind verödet, ihre Priester seufzen; ihre Jungfrauen sind betrübt, und ihr selbst ist bitter weh“

 

Klagelieder 2,11

„Meine Augen sind ausgeweint, mein Inneres kocht; mein Herz schmilzt in mir wegen des Zusammenbruchs der Tochter meines Volkes, weil Kind und Säugling verschmachten auf den Straßen der Stadt!“

 

Klagelieder 3,22

„Gnadenbeweise des HERRN sind’s, dass wir nicht gänzlich aufgerieben wurden, denn seine Barmherzigkeit ist nicht zu Ende“

 

Klagelieder 4,5

„Die sonst Leckerbissen aßen, verschmachten auf den Gassen; die auf Purpurlagern ruhten, sind jetzt froh über Misthaufen“

 

Klagelieder 5,19-22

„19 Du, o HERR, thronst in Ewigkeit; dein Thron besteht von Geschlecht zu Geschlecht! 20 Warum willst du uns für immer vergessen, uns verlassen alle Tage? 21 Bringe uns zu dir zurück, o HERR, so werden wir umkehren; Lass unsere Tage wieder werden wie früher! 22 Oder hast du uns gänzlich verworfen, bist du allzu sehr über uns erzürnt?“

 

Schlüsselworte

Ach = hebr. „ekah“ (Klgl 1,1; 2,1; 4,1)

ein Ausdruck der „Bestürzung“ und vermittelt den Gedanken von „lauten Schreien“

 

Der hebräische Ausruf „ekah“ (Klgl 1,1; 2,1; 4,1) gibt dem Buch seinen Titel, bedeutet „ach“, was „Bestürzung“ ausdrückt und vermittelt den Gedanken von „lauten Schreien“. Jüdische Schriftgelehrte nannten deshalb das Buch schon früh „laute Schreie“ oder „Klagelieder“ (Jer 7,29).

 

Weinen = hebr. „bakah“ (Klgl 1,2.16)

 

Erneuern = hebr. „chadash“ (Klgl 5,21) 

 

Tochter = hebr. „bath“ (Klgl 1,6.15; 2,1-2.4-5.8.10-11.13.15.18; 3,48; 4,3)

 

Feinde = hebr. „ojeb“ (Klgl 1,2.5.7.17.21; 2,16.17.22; 3,46.52; 4,18)

 

Schlüssellehren

Gott richtet Juda wegen seiner Sünde (Klgl 1,5.8.14.18.20; 3,42; 4,6.13.22; 5,7.16; 5Mo 28,43; Neh 9,26; Ps 137,7; Jer 14,20; 30,14; 52,28; Hes 16,37; Dan 9,5.7.16; Hos 2,12; Zeph 3,4; Mt 23,31)

 

Gottes Barmherzigkeit lässt Hoffnung aufkommen (Klgl 3,22-24.31-33; Ps 30,46; Jes 35,110; Jer 30,1–31,40; Hes 37,1-28; Hos 3,5; 14,2-10; Joel 4,18-21; Am 9,11-15; Mi 7,14-20; Zeph 3,14-20; Sach 14,1-11; Mal 3,19-24)

 

Mit-Leiden, Teilnahme am Leiden der andern; weinen mit den Weinenden (Röm 12,15); die Lasten der andern tragen (Gal 6, 2); sich unter die Sündenlast seines Volkes stellen.

 

Gottes Wesen im Buch

Der Gott der Treue

 

Treu (Klgl 3,22-25; 5,19-22), Gut (Klgl 3,25), Barmherzig (Klgl 3,22-23.32), Zornig (Klgl 1,5.12.15.18; 2,1.17.20-22; 3,37-39)

 

Christus im Buch

Das Herzstück des Buches spricht von Jesus Christus, „dem Mann der Schmerzen“, der mit Leid vertraut war, der von seinen Feinden bedrängt, verachtet und verhöhnt wurde und der Gottes Gericht für alle seine Nachfolger draußen vor den Toren Jerusalems erduldete (vgl. Klgl 1,12; 3,19; 2,15-16; 3,14.30).

 

Jeremia vergoss viele Tränen, weil er das Volk Israel von Herzen liebte (Klgl 3,48-49). Auch Christus weinte über die Stadt Jerusalem (Mt 23,37-39; Lk 19,41-44) und rief zum Weinen über Jerusalem auf (Lk 23,28-31; vgl. auch Röm 12,15: Weinen mit den Weinenden; Gal 6,2: Die Lasten der anderen tragen). Während Christus alle, die gegen ihn rebellieren, bestrafen muss, empfindet er doch gleichzeitig großen Schmerz über den Verlust seines geliebten Volkes.

 

Inhalt & Themen

Das Buch der Klage über die Zerstörung Jerusalems: ein Prophet weint um sein verlorenes Volk.

 

▪︎ Kernaussage: Ein trauriges Klagelied über die Zerstörung Jerusalems.

 

▪︎ Ziel und Zweck: Menschliche Klage und göttliche Plage im Gericht über Jerusalem

 

Mi dem Buch der Klagelieder soll aufgezeigt werden, dass Ungehorsam gegen Gott ins Unglück führt und dass Gott leidet, wenn sein Volk leidet. Als Resultat von Judas fortlaufender und nicht bereuter Götzenanbetung, lies Gott es zu, dass die Babylonier Jerusalem belagerten, plünderten, niederbrannten und die Stadt zerstörten. Salomons Tempel, der für ca. 400 Jahre stand, wurde bis zum Grund niedergebrannt. Der Prophet Jeremia, ein Augenzeuge dieses Ereignisses, schrieb das Buch Klagelieder als Klage und in Trauer, über was mit Juda und Jerusalem passiert ist.

 

Wie konnte Gott das alles zulassen? Wie konnte das alles geschehen? Wo war da Gottes Liebe? Wo seine Treue zu den gegebenen Verheißungen? Die gottesfürchtigen Juden verlangten nach einer Antwort. In zweifacher Weise wird sie in den Klageliedern gegeben:

 

1. Die Sünde des auserwählten Volkes, sein Götzendienst und seine Untreue gegen den Bund, den Gott mit ihnen geschlossen hatte, das Nichteinhalten der Gebote sind der Grund für dieses schreckliche Gericht;

 

2. Gott hat die Absicht, sein Volk wieder zurechtzubringen. Dazu bedient er sich auch solch harter Wege. Die Not, in die Gott sein Volk hat kommen lassen, ist kein Vernichtungsgericht. Es soll Israel zurückführen, es ist ein Läuterungsgericht.

 

Kein anderes alttestamentliche Buch besteht ausschließlich aus Klagen wie dieser erschütternde Trauergesang, der den Fall der einst so schönen Stadt Jerusalem beschreibt (Klgl 2,15). So hält dieses Buch die Erinnerung an ihre Zerstörung lebendig und lehrt alle Gläubigen den Umgang mit Leiden. Die Klagelieder weisen auch prophetisch auf die bevorstehende Katastrophe Jerusalems in der großen Drangsals- oder Trübsalszeit hin. Aber es gibt auch Hinweise auf die Hoffnung und die Liebe Gottes, die sich in den Klageliedern widerspiegeln (Klgl 3,22-26).

 

Das Buch der Klagelieder besteht aus 5 Kapiteln, wobei jedes Kapitel eine spezifische Klage oder Lied enthält. Die ersten beiden Klagen oder Lieder (Klgl 1–2) sind ein Rückblick auf die Zerstörung und das Leid, das durch Gottes Gericht über die abtrünnige Stadt gekommen war. Im dritten Lied (Klgl 3) spricht der Prophet über seine Leiden, in denen das Leiden Jesu Christi durchscheint (Klgl 3,1-20). Darauf folgt eine wunderbar tröstliche Erinnerung an die Gnade Gottes, die schon vielen angefochtenen Gläubigen geholfen hat (Klgl 3,21-41), und ein Gebet zu dem HERRN (Klgl 3,42-66). Im vierten Lied (Klgl 4) findet sich ein wehmütiger Rückblick auf das furchtbare Gericht über Jerusalem; das fünfte Lied (Klgl 5) besteht in einem Gebet zu Gott, dass er wieder an Jerusalem gedenken und Israel Umkehr gewähren möge.

 

Kapitel 1 besteht aus zwei Hauptteilen, dem Leid des Schreibers (Klgl 1,1-11) und dem Leid der Stadt (Klgl 1,12-22).

 

Kapitel 2 befasst sich mit den Gründen für den Zorn Gottes. In Klagelieder 2,1-9 wird die gnadenlose Zerstörung der Stadt Jerusalem durch Gott betont. In Klagelieder 2,10-19 geht es um die menschliche Perspektive der Zerstörung. Das Kapitel schließt mit einem Gebet des Autors für die Stadt (Klgl 2,20-22).

 

Kapitel 3 drückt weiterhin den Kummer über die Zerstörung der Stadt aus. Es besteht aus 66 Versen, wobei jeder Vers mit aufeinanderfolgenden Buchstaben des hebräischen Alphabets mit 22 Buchstaben beginnt, was insgesamt drei aufeinanderfolgende Zyklen ergibt. Der erste Abschnitt betont die Entmutigung, der zweite Abschnitt bietet Hoffnung, während der dritte Abschnitt Worte des Gebets für die Stadt enthält.

 

Kapitel 4 beschreibt den Zorn Gottes für zwei Bereiche. Im größten Teil des Kapitels wird das Thema des Gerichts Gottes über Jerusalem wiederholt (Klgl 4,1-20). In Klagelieder 4,21-22 geht es jedoch um den Zorn Gottes über Edom.

 

Das letzte Kapitel bricht mit dem Muster der ersten vier und hebt die Gebete derer hervor, die übrig geblieben sind. Der erste Schwerpunkt des Gebets ist, dass Gott derer gedenkt, welche die Verwüstung Jerusalems überlebt haben (Klgl 5,1-18). Es wird anerkannt, dass der HERR für immer regiert, und es wird darum gebetet, dass er das Volk zu sich zurückbringt (Klgl 5,19-22).

 

 

▪︎ Praktische Verwendung

Sogar unter schrecklicher Verurteilung ist Gott ein Gott der Hoffnung (Klgl 3,24-25). Egal wie weit wir uns von Gott entfernt haben, wir dürfen immer zu Ihm zurückkehren und finden Sein Mitgefühl und Seine Vergebung (1Joh 1,9). Unser Gott ist ein liebender Gott und aufgrund Seiner großen Liebe und seiner Barmherzigkeit sandte Er Seinen Sohn, „damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“. (Joh 3,16) Gottes Treue (Klgl 3,23) und Geduld (Klgl 3,26) sind die Eigenschaften, die uns große Hoffnung und Trost geben. Er ist kein desinteressierter, unberechenbarer Gott, sondern ein Gott, der alle erlösen wird, die sich an Ihn wenden, zugeben, dass sie nichts tun können, um Gottes Gunst zu verdienen und um des Herren Gnade bitten (Klgl 3,22).

 

Aber das Buch ist auch für Christen von großer Bedeutung. Durch dieses Buch kann man die quälende Traurigkeit von Mitchristen und auch seiner selbst besser verstehen, wenn Menschen die schmerzhafte Lektion lernen, dass sich Sünde nicht auszahlt. Aber Gottes Trost kann Mut machen. Die Gefangenen in Babel dachten, sie wären allein, nicht nur von ihrer Heimat abgeschnitten, sondern auch von der Gegenwart Gottes. Die Klagelieder zeigen, dass Gott immer noch bei ihnen war und immer noch mit seiner treuen Liebe über ihnen wachte (Klgl 3,22-23).

 

Wissenswertes

▪︎ Der Weg der Erneuerung

Sünde ▸ Leiden (Klgl 1,8)

Kummer ▸ Buße (Klgl 1,20)

Gebet ▸ Hoffnung (Klgl 3,19-24)

Glaube ▸ Wiederherstellung (Klgl 5,21)

 

Man kann dieses Buch auch als Ausdruck von Folgendem betrachten:

1. von dem Kummer des jüdischen Überrests, deren Sprecher Jeremia war, beim Miterleben der babylonischen Invasion;

2. von den Ängsten des Messias, als er leiden, bluten und am Kreuz von Golgatha sterben musste (siehe z.B. Klgl 1,12);

3. von dem Leid des jüdischen Überrests in der Zukunft, wenn er berufen wird, durch die Große Drangsalszeit zu gehen, durch die Zeit der „Drangsal Jakobs“.

 

 

▪︎ Drei Verwüstungen Jerusalems

In der biblischen Heilsgeschichte haben drei Verwüstungen Jerusalems eine ganz herausragende Bedeutung. Im Blick auf all diese drei Katastrophen haben die Klagelieder ihre Funktion: Die Trauer über die Not soll vor Gott gebracht werden. Die Trauer soll zu Gott gewirkter Buße zum Heil führen (vgl. 2Kor 7,10):

 

1. Die Zerstörung durch die Babylonier im Jahr 586 v. Chr. wegen Götzendienst (2Kön 25; 2Chr 36; Jer 52);

2. Die Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 n. Chr. wegen der Verwerfung des Messias (Jes 8,14; Dan 9,26; Lk 21,20ff);

3. Die Zerstörung durch den König des Nordens am Anfang der großen Drangsals- oder Trübsalszeit wegen Götzendienst und wegen der Annahme des falschen Messias (Jes 29; Joel 2,1ff; Sach 14,1-3).

 

 

▪︎ Erfüllungen der Flüche aus der Tora

Viele Bezüge zu 5. Mose 28 belegen die Erfüllung der Flüche aus der Tora: Klgl 1,3 – 5Mo 28,65; Klgl 1,5 – 5Mo 28,44.32; Klgl 1,6 – 5Mo 28,25; Klgl 1,18 – 5Mo 28,41; Klgl 2,15 – 5Mo 28,37; Klgl 2,20 – 5Mo 28,53; Klgl 2,21 – 5Mo 28,50; Klgl 4,10 – 5Mo 28,56-57; Klgl 5,2 – 5Mo 28,30; Klgl 5,5 – 5Mo 28,65; Klgl 5,11 – 5Mo 28,30; Klgl 5,12 – 5Mo 28,50; Klgl 5,18 – 5Mo 28,26

 

 

Die Klagemauer der Juden

Jerusalem hat in seiner Geschichte mehrere einschneidende Verwüstungen erlebt, von denen drei auf den „9. Ab“ fallen. Es sind die Einnahme durch Babylon 586 v. Chr., die Zerstörung durch Rom 70 n. Chr. und die Niederschlagung der Messiasbewegung Bar Kochbas durch die Römer 135 n. Chr. bei Betar nahe Jerusalem. Jedes dieser Ereignisse war zu seiner Zeit eine Katastrophe für die Nation und der „9. Ab“ wurde zum weltweiten Gedenktag an diese Judenvernichtung. An diesem Tag wird in den Synagogen rund um die Welt das Buch der Klagelieder gelesen; manche lesen auch jeden Freitag daraus. Während ihrer langen Leidensgeschichte in der Zerstreuung haben diese Klagegedichte dem Sorgen und Bangen des auserwählten Volkes ihre Stimme geliehen, doch auch ihrer Hoffnung auf Heimführung in die „heilige Stadt“. Nur eines erkannten sie nicht, worauf sowohl Daniel als auch Jesus aufmerksam machten: den Zusammenhang zwischen Jesu Kreuzigung und der Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr. (Dan 9,26; Lk 19,43-44). Jene Verwüstung war eine Folge der Ablehnung des Messias. Der jährliche Gedenktag des 9. Ab dient als göttliches Mahnmal.︎

 

 

▪︎ Klagelieder im Stil eines Akrostichons

Kein anderes Bibelbuch ist so kunstreich komponiert wie die Klagelieder. Deren fünf Gedichte erheben ihre Stimme zu einem „Pentateuch der Trauer“, dessen symmetrische Anordnung den Inhalt hervorheben und wohl als Gedächtnishilfe für den liturgischen Gottesdienst dienen soll.

 

Die ersten vier Kapitel der Klagelieder sind im Stil eines Akrostichons aufgebaut. Das Buch besteht aus 7x22 Versen (22 = Anzahl der Buchstaben im hebräischen Alphabet). Die Kapitel 1-4 sind Akrosticha, um das Einprägen zu erleichtern. Für die Kapitel 1, 2 und 4 gilt: Der erste Vers beginnt mit dem ersten Buchstaben des hebräischen Alphabets, der zweite Vers mit dem zweiten Buchstaben. So geht es weiter bis zum Taw dem letzten Buchstaben des Alphabets. In Kapitel 3 beginnen die ersten drei Verse mit dem ersten Buchstaben des Alphabets, die zweite Dreiergruppe mit dem zweiten Buchstaben. So geht es weiter bis zum Taw, dem letzten Buchstaben des Alphabets. Kapitel 5 ist kein Akrostichon, aber es besteht aus 22 Versen, entsprechend der Anzahl Buchstaben im Alphabet.

 

Die Form des Akrostichons wurde in der hebräischen Literatur der Antike manchmal verwendet, um sich einen Text leichter merken zu können, und erscheint auch in anderen biblischen Texten. Den Verfassern einiger Psalmen bot diese Form eine hilfreiche Struktur. Aber der Hauptgrund für die Verwendung des Akrostichons in den Klageliedern war wahrscheinlich, die Trauer des Volkes über Jerusalems Zerstörung erschöpfend wiederzugeben. Statt der spontanen Klagerufe, die an anderen Stellen der Bibel zu finden sind (vgl. Ps 13; 88) gibt das Buch der Klagelieder die Trauer in einer sorgfältig strukturierten, ausgearbeiteten Weise wieder, sozusagen von A bis Z.

 

 

▪︎ Systematischer Aufbau

In den 5 Kapiteln der Klagelieder ist ein systematischer Aufbau erkennbar. Folgendes soll die Struktur des Buches deutlich machen:

• Kapitel 1 und 5 sowie 2 und 4 sind einander parallel zugeordnet. In Kapitel 2 und 4 ist hauptsächlich von Gott die Rede, während es in Kapitel 1 und 5 hauptsächlich um Menschen geht.

 

• Kapitel 3 ist das mittlere Kapitel und gleichzeitig der inhaltliche und geistliche Höhepunkt des Buches. Zu ihm hin bauen sich die ersten beiden Kapitel auf und auf ihm basieren die letzten zwei Kapitel. Es enthält die Reaktion Jeremias inmitten seiner Anfechtungen.

 

• Kapitel 5 beginnt und endet mit einem Gebet der Bewohner Jerusalems: „Gedenke, Herr“ (Klgl 5,1) und „Bring uns zu dir zurück, o Herr,“ (Klgl 5,21). Diese Reaktion Jerusalems ist die einzig richtige und damit ein treffender Schluss des ganzen Buches.

 

Kurze Gliederung

▪ 1. Kurzgliederung

1. Erste Klage: Jerusalems Verwüstung (Klgl 1,1-22)

2. Zweite Klage: Gottes Zorn (Klgl 2,1-22)

3. Dritte Klage: Jeremias großer Schmerz (Klgl 3,1-66)

4. Vierte Klage: Ausführlicher Blick auf Gottes Zorn (Klgl 4,1-22)

5. Fünfte Klage: Das Gebet des Überrestes (Klgl 5,1-22)

 

Die Klagelieder bestehen aus 5 Klageliedern oder Trauergesängen in 5 Kapiteln, die auch als „Pentateuch der Trauer“ bezeichnet werden. 3 der 5 Kapitel (1,2 & 4) beginnen mit dem hebräischen Titel des Buches „ekah“ (= Wehe). Außer dem vierten endigt jedes Lied mit einem Gebet oder einer Klage zu Jahwe.

 

In den 5 Kapiteln der Klagelieder ist ein systematischer Aufbau erkennbar:

• Kapitel 1 und 5 sowie 2 und 4 sind einander parallel zugeordnet. In Kapitel 2 und 4 ist hauptsächlich von Gott die Rede, während es in Kapitel 1 und 5 hauptsächlich um Menschen geht;

• Kapitel 3 ist das mittlere Kapitel und gleichzeitig der inhaltliche und geistliche Höhepunkt des Buches. Zu ihm hin bauen sich die ersten beiden Kapitel auf und auf ihm basieren die letzten zwei Kapitel. Es enthält die Reaktion Jeremias inmitten seiner Anfechtungen;

• Kapitel 5 beginnt und endet mit einem Gebet der Bewohner Jerusalems: „Gedenke, Herr“ (Klgl 5,1) und „Bring uns zu dir zurück, o Herr,“ (Klgl 5,21). Diese Reaktion Jerusalems ist die einzig richtige und damit ein treffender Schluss des ganzen Buches.

 

Detaillierte Gliederung

1. Die Verwüstung Jerusalems (Klgl 1,1-22)

▪ Die Dürre der Stadt (Klgl 1,1-11)

▪ Das Leid der Stadt (Klgl 1,12-22)

 

2. Die Zerstörung Jerusalems (Klgl 2,1-22)

▪ Das Gericht des Herrn (Klgl 2,1-10)

▪ Die Klage des Verfassers (Klgl 2,11-22)

 

3. Der verzweifelte Prophet (Klgl 3,1-66)

▪ Seine Klage (Klgl 3,1-18)

▪ Seine Hoffnung (Klgl 3,19-42)

▪ Sein Leiden (Klgl 3,43-54)

▪ Sein Gebet (Klgl 3,55-66)

 

4. Das besiegte Volk von Jerusalem (Klgl 4,1-22)

▪ Die Belagerung der Stadt (Klgl 4,1-12)

▪ Die Gründe für die Belagerung (Klgl 4,13-20)

▪ Die Hoffnung für die Zukunft (Klgl 4,21-22)

 

5. Das Gebet für das Volk (Klgl 5,1-22)

▪ Das Bekenntnis (Klgl 5,1-18)

▪ Die Bittschrift (Klgl 5,19-22)

 

Zitate im Neuen Testament

Das Neue Testament führt keine direkten Zitate aus dem Buch Klagelieder an.


Gottes Segen Euch allen!

 

1. Thessalonicher 5,23

„Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!“

 

Amen