Zur geistlichen Reife gelangen

Hebräer 6,1-3

1 Weil uns nun aber daran liegt, dass ihr im Glauben erwachsen werdet, wollen wir nicht bei den Anfangslektionen der Botschaft von Christus stehen bleiben, sondern uns dem zuwenden, was zur Reife im Glauben gehört. Wir wollen nicht von neuem über die Dinge reden, die das Fundament bilden: über die Abkehr von Taten, die letztlich zum Tod führen, und über den Glauben an Gott, 2 über die Bedeutung der Taufe im Unterschied zu anderen Waschungen und über die Handauflegung, über die Auferstehung der Toten und über das letzte Gericht mit seinem ewig gültigen Urteil. 3 Nein, wenn Gott es zulässt, wollen wir jetzt weitergehen.“


Auf jedem Gebiet des Lebens gibt es ein unveränderliches Gesetz: Sobald neues Leben entstanden ist, besteht die erste und größte Notwendigkeit darin, diesem neuen Leben die geeignete Nahrung zuzuführen, damit es erhalten bleibt. Wenn beispielsweise ein Säugling zur Welt kommt, so mag es durchaus gesund und kräftig in jeder Beziehung sein; wenn es aber nicht schnellstens die Art von Nahrung erhält, die seiner Natur entspricht, wird es schwächer und schließlich des Hungers sterben.

 

Das gleiche gilt auch im geistlichen Bereich. Wenn ein Mensch von neuem geboren ist, so braucht die neue geistliche Natur in diesem Menschen umgehend die geeignete geistliche Nahrung, um sie sowohl am Leben zu erhalten als auch wachsen zu lassen. Die geistliche Nahrung, die Gott für alle seine wiedergeborenen Kinder bereit hat, finden wir in seinem Wort. Gottes Wort ist so reichhaltig und abwechslungsreich, dass es für jedes geistliche Entwicklungsstadium die passende Speise enthält.

 

Allerdings ist es aber auf keinen Fall Gottes Wille, dass Christen zu lange – geistlich gesprochen – im Säuglingsalter stecken bleiben. Sie sollen wachsen, und dafür bietet ihnen Gottes Wort kräftigere Speise. In Matthäus 4,4 lesen wir, dass Christus, als er vom Satan versucht wurde, Steine in Brot zu verwandeln, diesem die Antwort gab:

 

Es steht geschrieben: ‚Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Wort, das durch den Mund Gottes ausgeht.‘“

 

Christus zeigt hier, dass Gottes Wort das geistliche Gegenstück zum Brot in der natürlichen Ernährung des Menschen darstellt. Mit anderen Worten, es ist das geistliche Hauptnahrungsmittel, die Quelle der Kraft. Bezeichnend ist, dass Christus nachdrücklich von jedem Wort spricht, das durch den Mund Gottes ausgeht. Das bedeutet doch, dass Christen, die geistlich wachsen und zur Reife gelangen wollen, es lernen müssen, die ganze Bibel zu studieren und sich nicht nur mit einigen der besser bekannten Abschnitte zu begnügen.

 

Weitergehen, um geistlich reif zu werden

Hebräer 6,1

Darum wollen wir die Anfangsgründe des Wortes von Christus lassen und zur vollen Reife übergehen...

 

Die Aufforderung in Hebräer 6 ist maßgeschneidert auf die Hebräer des Neuen Testaments, weil sie nicht weitergehen wollten.

 

Im vorhergehenden Kapitel 5 des Hebräerbriefs lesen wir:

 

Darüber haben wir viel zu sagen, und es lässt sich schwer darlegen, weil ihr im Hören träge geworden seid. Denn während ihr der Zeit nach Lehrer sein solltet, habt ihr wieder nötig, dass man euch lehre, was die Anfangsgründe der Aussprüche Gottes sind; und ihr seid solche geworden, die Milch nötig haben und nicht feste Speise. Denn jeder, der noch Milch genießt, ist richtiger Rede unkundig, denn er ist ein Unmündiger; die feste Speise aber ist für Erwachsene, die infolge der Gewöhnung geübte Sinne haben zur Unterscheidung des Guten wie auch des Bösen.“ – Hebräer 5,11-14

 

Der Autor sagt hier ganz unverblümt, die Hebräer seien geistliche Kinder, aber sie hätten kein Recht dazu, in dieser Phase ihrer christlichen Entwicklung noch geistliche Kinder zu sein. Sie hätten über die Jahre schon so viele Gelegenheiten gehabt, dass sie inzwischen zur Reife gelangt sein sollten. Außerdem erläutert der Autor den einzigen Weg zur Reife: Wir müssen uns selbst darin üben und schulen, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Wer auf dem Weg der Gerechtigkeit weitergehen will, um geistlich reif zu werden, muss sich selbst permanent schulen und trainieren. Das geschieht nicht automatisch. Es ist Disziplin notwendig. Deshalb wurden wir an früherer Stelle aufgefordert, eifrig und sorgfältig zu sein. Es ist Training erforderlich, um zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können. Selbst große christliche Gemeinden sind oft nicht in der Lage, zwischen dem, was geistlich und biblisch ist, und dem, was lediglich fleischlich ist und an die Seele appelliert, zu unterscheiden. Da hilft nur permanente Schulung, die Übung der Sinne, Sorgfalt und Praxis.

 

Erbaut werden

Gott hat sich etwas Spezielles ausgedacht, damit wir zur Reife gelangen können:

 

Epheser 4,11

Und er hat die einen als Apostel gegeben und andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer…

 

Das sind die fünf zentralen Dienste oder Ämter: Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer. Was ist ihre Aufgabe?

 

Epheser 4,12-13

…zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zur vollen Mannesreife, zum Maß der vollen Reife Christi.

 

Diese Passage erläutert, dass die verschiedenen Ämter einen doppelten Zweck erfüllen. Als Erstes sollen sie uns „für das Werk des Dienstesausrüsten. Wir können das, was von uns erwartet wird, nicht automatisch tun; wir müssen trainiert bzw. ausgerüstet werden und das ist eine Aufgabe dieser fünf Ämter. Ihre zweite Aufgabe besteht darin, den Leib Christi zu erbauen. Sie wurden in den Leib Christi hineingestellt, um uns zu einer Einheit des Glaubens und zur Reife zu bringen. Jesus Christus, das Haupt der Gemeinde, hat diese Ämter eingesetzt, und ohne sie wird das Volk Gottes nie zur geistlichen Reife gelangen. 

 

Paulus fährt fort:

 

Epheser 4,16

Ihm [Christus] verdankt der Leib sein gesamtes Wachstum. Mit Hilfe all der verschiedenen Gelenke ist er zusammengefügt, durch sie wird er zusammengehalten und gestützt, und jeder einzelne Körperteil leistet seinen Beitrag entsprechend der ihm zugewiesenen Aufgabe. So wächst der Leib heran und wird durch die Liebe aufgebaut

 

Das letztendliche Ziel sind keine isolierten Einzelpersonen, die alle ihr Ding machen, sondern ein einziger Leib, der durch Gelenke zusammengehalten wird. So wird der Leib aufgebaut, damit er wachsen kann. Dabei ist es ganz entscheidend, dass jeder Teil des Körpers seine Aufgabe übernimmt.

 

Gottes Programm für geistliche Reife

Was hat Gott vorgesehen, um uns zur geistlichen Reife zu bringen? Als Erstes müssen wir uns der Disziplin der von ihm eingesetzten und in Epheser 4,11 aufgezählten Ämter (Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer) unterstellen. Ohne ihre Disziplin, Aufsicht und Unterweisung gibt es keine Möglichkeit, wie Gottes Volk je zur Reife gelangen soll. Was Jesus vorgesehen hat, ist immer wichtig für uns, und diese Ämter bilden keine Ausnahme. Als Zweites dürfen wir keine isolierten Einzelpersonen bleiben, sondern müssen Teil eines wachsenden Leibes werden. In derselben Passage erwähnt Paulus eine ernüchternde Alternative und erklärt, was geschieht, wenn wir Gottes Programm für geistliche Reife missachten: Wir werden „Unmündige“ sein, „…hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Wind der Lehre durch das betrügerische Spiel der Menschen, durch die Schlauheit, mit der sie zum Irrtum verführen“ – Epheser 4,14

 

Wenn wir uns dem fünffältigen Dienst nicht unterstellen, d.h. wenn wir nicht Teil eines Leibes werden und diese biblische Disziplin nicht akzeptieren, werden wir unmündig bleiben und „umhergetrieben [werden] von jedem Wind der Lehre durch das betrügerische Spiel der Menschen…“.

 

Es gibt viele Gläubige, auf die diese Beschreibung passt: Jedes Jahr haben sie einen neuen geistlichen Spleen, eine neue Lehre, und schwärmen oft auch für einen neuen Lehrer und preisen ihre Faible bei allen anderen Leuten an. Wir brauchen die Disziplin Gott wohlgefälliger und biblisch fundierter Ämter bzw. Dienste und müssen Teil des Leibes sein! Das ist der einzige Weg zur geistlichen Reife.

 

Wie steht es mit dir? Lässt du an dir Disziplin zu? Gehörst du einem Leib an? Gehst du vorwärts, um geistlich reif zu werden?

 

Den Willen des Vaters tun

In Epheser 1,5 sagt Paulus, Gott habe alle Gläubigen „…vorherbestimmt… zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst.“ Gottes Absichten mit seinen Kindern beschreibt er in Römer 8,29 wie folgt:

 

Denn die er [Gott] vorher erkannt hat, die hat er auch vorherbestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er [Jesus] der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.

 

Somit ist Jesus der vorbildhafte Sohn, dem wir „gleichförmig“ werden müssen, um zur Reife zu gelangen. Er selbst ist der neue und lebendige Weg, durch den wir Vollkommenheit erlangen, das Heiligste betreten und uns Gott nähern (vgl. Hebr 6,1; 10,19-22).

 

Jeder von uns muss den Weg gehen, auf dem Jesus zur Vollkommenheit gelangte. Der Weg zur Reife war für Jesus auch nicht einfacher als für uns. Schließlich war er jemand, „…der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde“ (Hebr 4,15). In seiner menschlichen Natur erlebte Jesus jede Form von Versuchung, der auch wir ausgesetzt sind, und dennoch sündigte er nie. Es ist keine Sünde, versucht zu werden! Es wird erst dann zur Sünde, wenn wir der Versuchung nachgeben. Wodurch wurde Jesus, obwohl er wirklich Mensch war, in die Lage versetzt, gegen alle Versuchungen zu bestehen? Sein Erfolg beruhte darauf, dass er von ganzem Herzen und unerschütterlich den Willen des Vaters tun wollte – was David ja schon prophetisch angekündigt hatte: „Siehe, ich komme, in der Buchrolle steht von mir geschrieben; deinen Willen zu tun, mein Gott, begehre ich…“ – Psalm 40,8

 

Immer wieder offenbarte Jesus dieses Motiv hinter seinem Handeln. Er war erst dann wirklich zufrieden, wenn er jede Aufgabe, die sein Vater ihm übertragen hatte, vollbracht hatte. Am Jakobsbrunnen sagte er zu seinen Jüngern: „Meine Speise [das, was mich aufrecht erhält und kräftigt] ist, dass ich den Willen dessen tue, der mich gesandt hat, und sein Werk vollbringe“ (Joh 4,34; vgl. Joh 5,20; 6,38).

 

Selbstverleugnung

Opfer darbringen – das war die spezifische Aufgabe eines alttestamentlichen Priesters. Da Jesus Priester war, musste er Opfer darbringen. Da er kein Levit war, konnte er nicht nach dem Gesetz opfern, sondern musste sein eigenes besonderes priesterliches Opfer darbringen, nämlich Gebet.

 

[Jesus] hat in den Tagen seines Fleisches sowohl Bitten als auch Flehen mit starkem Geschrei und Tränen dem dargebracht, der ihn aus dem Tod retten kann, und ist um seiner Gottesfurcht willen erhört worden, und lernte, obwohl er Sohn war, an dem, was er litt, den Gehorsam.“ (Hebr 5,7-8)

 

Weil Jesus gehorsam war, erhörte der Vater seine Gebete. Er lernte an dem, was er litt, den Gehorsam. Jesus musste Gehorsam lernen – so auch wir. Was Gehorsam bedeutet, finden wir nicht durch Predigten über Gehorsam heraus, sondern indem wir gehorchen. Predigten können uns helfen, aber Gehorsam muss Schritt für Schritt in die Praxis umgesetzt werden, indem man gehorcht. Gehorsam bringt Leiden mit sich, weil er die Verleugnung des eigenen Willens erfordert. Jesus formulierte es so: „Nicht mein Wille, sondern der deine geschehe“ (Lk 22,42). Jeder Schritt des Gehorsams ist ein Schritt der Selbstverleugnung. Jesus sagte: „Wenn jemand mein Jünger sein will, muss er sich selbst verleugnen“ (Mt 16,24). Das tut weh, denn dem Ego gefällt es nicht, verleugnet zu werden. Es sagt: „Ich will!“ „Ich bin wichtig!“ „Das passt mir!“ „Dabei fühle ich mich gut!“ „Das will ich nicht!“ etc.. Die Nachfolge Jesu erfordert die kontinuierliche Verleugnung dieses Egos.

 

Wir kommen durch Gehorsam zur geistlichen Reife als Söhne und Töchter. Jesus ist darin unser Vorbild. Gott führte ihn durch Gehorsam zur Reife. Das ist der Weg, den auch du und ich gehen müssen.

 

Unser geistliches Ziel

Deshalb wollen wir… uns der Vollkommenheit zuwenden und nicht wieder einen Grund legen mit der Buße von toten Werken und dem Glauben an Gott, der Lehre von Waschungen und der Handauflegung, der Totenauferstehung und dem ewigen Gericht.“ – Hebräer 6,1-2

 

Wir wollen uns der Vollkommenheit zuwenden! Das Wort „Vollkommenheit“ beunruhigt viele Christen, vielleicht weil sie schon einmal mit der Lehre von der „sündlosen Vollkommenheit“ konfrontiert waren. Meist demonstrieren die, die behaupten, Vollkommenheit erlangt zu haben, durch ihre Worte, ihr Verhalten und ihren Lebensstil das exakte Gegenteil. Diese Heuchelei hat viele Leute davon abgehalten, nach Vollkommenheit zu streben.

 

Die folgenden drei Alternativübersetzungen für „Vollkommenheit“ verdeutlichen, worum es hier eigentlich geht: „Reife“, „Erfüllung“ und „Vervollständigung“. Das griechische Wort, das mit „Vollkommenheit“ übersetzt wird, bedeutet wörtlich „Ziel“. Es gibt uns ein Ziel vor, das wir anstreben. Wir alle sind uns einig darüber, dass es erstrebenswert ist, ein geistliches Ziel zu haben. Wenn wir durch den Glauben den Weg der Gerechtigkeit eingeschlagen haben, können wir weitergehen oder zurückweichen. Gott hat kein Gefallen an jemandem, der zurückweicht; deshalb gehören wir zu denen, die zur Errettung der Seele weiter vorwärts gehen (vgl. Hebr 10,38-39).

 

Wir müssen zwischen dem Gegebenen und dem Idealen unterscheiden: Reif zu sein heißt, das Ideale vor Augen zu haben und mit dem Gegebenen zu leben; scheitern heißt, das Gegebene zu akzeptieren und das Ideale zu verwerfen; nur das Ideale zu akzeptieren und das Gegebene abzulehnen zeugt von Unreife. Kritisiere das Gegebene nicht, bloß weil du das Ideale gesehen hast; verwerfe das Ideale nicht, bloß weil du das Gegebene siehst. Reife bedeutet, mit dem Gegebenen zu leben und gleichzeitig am Idealen festzuhalten.


Quellen:

Derek Prince - Fundamente des christlichen Glaubens

Derek Prince - Das Wort Gottes proklamieren

 

Gottes Segen Euch allen!

 

1. Thessalonicher 5,23

Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!

 

Amen