Leil Selichot - Nacht der Vergebung

Psalm 130,4

"Doch bei dir ist die Vergebung, damit man dich fürchte"

 

Klagelieder 3,40

"Lasst uns unsere Wege prüfen und erforschen und umkehren zum HERRN!"

 

Jesaja 55,6-7

"6 Sucht den HERRN, während er sich finden lässt! Ruft ihn an, während er nahe ist 7 Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Mann der Bosheit seine Gedanken! Und er kehre um zu dem HERRN, so wird er sich über ihn erbarmen, und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung!"

 

Markus 1,15

"Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe gekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!"


Leil Selichot bedeutet so viel wie "Nacht der Vergebung" und ist eine Mitternachtsandacht, ein Gebetstreffen, in Vorbereitung auf die Hohen Feiertage – mit der Absicht Gott um Vergebung zu bitten – an dem die gesamte Gemeinde, darunter Männer, Frauen und Kinder teilnehmen.

 

Die Selichot oder Slichot (dt. Vergebung) sind Buß- und auch Bittgebete (singl. Selicha), die vor (im Monat Elul) und während der Hohen Feiertage, Rosch ha-Schana und Jom Kippur (im Monat Tischri) und zu bestimmten Fastentagen rezitiert werden.

 

WANN:

Meistens findet die Mitternachtsandacht der Leil Selichot Samstagnacht, nach dem Schabbatausklang, vor Rosch ha-Schana statt, gesetzt den Fall, dass Rosch ha-Schana nicht bereits auf den darauffolgenden Montag oder Dienstag fällt (mindestens vier Tage vor Rosch ha-Schana ist vorausgesetzt). In diesem Fall findet die Mitternachtsandacht bereits eine Woche früher statt. Mitternacht eignet sich ganz besonders für diese Gebete, denn der Psalmist schreibt: "Zur Mitternacht stehe ich auf, dir zu danken für deine gerechten Entscheide" (Ps 119,62).

 

Während die meisten jüdischen Gottesdienste tagsüber oder am frühen Abend abgehalten werden, ist Leil Selichot die Ausnahme und findet in den frühen Morgenstunden statt. Die Gebete basieren auf einer Fülle biblischer Verse und rabbinischer Lehren und sind eine mitreißende Einführung in die "Tage der Ehrfurcht".

 

BIBELSTELLEN:

Darüber hinaus werden Gebete aus der Mischna, ein grundlegender Teil des Talmuds, rezitiert. Die Selichot-Gebete sind außerdem in einem eigenen Gebetbuch zusammengefasst und bestehen aus poetischen Texten (Pijutim).

 

ALLGEMEIN:

An Leil Selichot befinden wir uns in den letzten Tagen von Elul, dem hebräischen Monat, der als Zeit der Umkehr und des Beginns der Bitte um Vergebung vorgesehen ist.

 

Im Unterschied zu den Aschkenasim, den mittel- und osteuropäischen Juden, welche ganz speziell Leil Selichot halten, rezitieren die Sephardim, die Juden des (spanisch-) arabisch-nordafrikanischen Raumes, an jedem Tag des Elul die Gebete um Vergebung. Sie werden dem täglichen Ablauf der Gottesdienste hinzugefügt und finden am frühen Morgen vor dem normalen täglichen Gottesdienst statt.

 

Ein grundlegender Teil des Selichot-Gottesdienstes ist die wiederholte Rezitation der "Dreizehn Attribute Gottes", einer Liste Seiner dreizehn Gnadenattribute, die Mose nach der Sünde des goldenen Kalbes offenbart wurden:

 

2. Mose 34,6-7

"6 Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber und rief: Jahwe, Jahwe, Gott, barmherzig und gnädig, langsam zum Zorn und reich an Gnade und Treue, 7 der Gnade bewahrt an Tausenden von Generationen, der Schuld, Vergehen und Sünde vergibt, aber keineswegs ungestraft lässt, sondern die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern und Kindeskindern, an der dritten und vierten Generation."

 

Der Monat Elul und Selichot

Im Monat Elul rückt die Versöhnung mit Gott und den Mitmenschen ins Zentrum. Der Name "Elul" wurde vom jüdischen Volk nach ihrem Exil in Babylon übernommen. Es wird angenommen, dass der Name vom Wort "elūlu" für "Ernte" abgeleitet ist.

 

Das neue Jahr rückt näher und der Monat neigt sich dem Ende zu. Umso dringlicher ist der Ruf zur Umkehr und Versöhnung. Mit dem Monat Elul beginnt eine besondere Zeit von vierzig Tagen, welche an Jom Kippur endet und im Hebräischen "Teschuwa" heißt, was "Buße tun" oder "umkehren" bedeutet. Sie dient der geistigen Vorbereitung auf die vorliegenden Hohen Feiertage Rosch ha-Schana und Jom Kippur.

 

Nach dreißig Tagen Teschuwa wird am 1. Tischri Rosch ha-Schana gefeiert. Hiermit beginnt eine zehn Tage dauernde Schlussphase, die mit Jom Kippur endet. Diese Tage sind als die Hochheiligen, aber auch als die "schrecklichen Tage", die "Tage der Ehrfurcht" (hebr. Jamim Nora'im) bekannt. Es ist eine Zeit zur Selbstprüfung. Der Schabbat, der in diese Tage fällt, heißt "Schabbat Schuwa", der "Schabbat der Umkehr". Fünf Tage nach Jom Kippur beginnt dann Sukkot, das Laubhüttenfest. Jeden Morgen während des Monats Elul wird das Schofar (Widderhorn) geblasen, um die Menschen zu warnen und zur Umkehr zu Gott zu rufen.

Zehn Tage dauernde Schlussphase
Zehn Tage dauernde Schlussphase

Das durchdringende, eindringliche Geräusch des Schofars bewegt unser Herz, um Gott zu suchen und die Sünde in unserem Leben zu bereuen.

 

Ein bekannter und hoch angesehener jüdischer Gelehrter des Mittelalters, Maimonides, verglich den Klang des Schofars mit einem Alarmruf, der uns weckt:

 

"Schlafende, erhebt euch aus dem Schlaf, und diejenigen, die dösen, erwacht aus eurer Lethargie. Überprüft eure Handlungen, tut Buße von euren Sünden und erinnert euch an euren Schöpfer!"

 

Ebenso ermahnt uns das Neue Testament, aus unserem spirituellen Schlaf aufzuwachen und das Beste aus unserer Zeit zu machen, indem wir Gott mit all unserem Herzen, unserer Seele, unserem Verstand und unserer Kraft lieben und ihm folgen:

 

Epheser 5,14-16

"14 denn alles, was offenbar wird, ist Licht. Deshalb heißt es: "Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten!, und der Christus wird dir aufleuchten!" 15 Seht nun genau zu, wie ihr wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise! 16 Kauft die rechte Zeit aus! Denn die Tage sind böse"

 

Teschuwa richtet sich an alle Menschen. Diejenigen, die an den Messias glauben, sind aufgerufen, ihr Leben zu prüfen und in Ordnung zu bringen. Gott hatte es zu allen Zeiten immer auf dem Herzen, die Menschen auf das bevorstehende Gericht hinzuweisen. Es ist Ihm ein großes Herzensanliegen, dass nicht einer den Zorn Seines Gerichtes empfängt (Hes 18,21-2330-32; Zef 2,1-3; 33,1-7; 2Petr 3,9).

 

Der ganze Monat Elul ist also ein Prozess der Vorbereitung durch persönliche Prüfung und Buße für die kommenden Hohen und Heiligen Tage. Es ist eine besondere Zeit, in der wir unser Leben in Ordnung bringen können und für Verfehlungen an Gott, sowie an den Menschen, denen wir Unrecht getan haben, um Vergebung bitten. Da die gefallene menschliche Natur zu Sünde und Unversöhnlichkeit neigt, gab Gott diese besondere Zeit, um sich auf Umkehr und Vergebung zu konzentrieren.

 

Hinweis: Die Bezeichnung "Tage der Ehrfurcht" (hebr. Jamim Nora'im) kann sich auch auf die gesamte 40-tägige Bußperiode von Rosch Chodesch Elul bis Jom Kippur beziehen.

 

Möge jeder von uns in diesen letzten Tagen von Elul und während der Hohen Feiertage ermutigt und aufgefordert sein, sich selbst zu prüfen und den Heiligen Geist zu bitten, verborgene Sünde in unseren Herzen und in unserem Leben zu offenbaren.

 

Psalm 139,23-24

"23 Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz. Prüfe mich und erkenne meine Gedanken! 24 Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Weg!"


Quellen:

  • de.m.wikipedia.org/wiki/Slichot
  • en.m.wikipedia.org/wiki/Selichot#Selichot_of_the_High_Holidays
  • en.m.wikipedia.org/wiki/Leil_Selichot
  • he.m.wikipedia.org/
  • myjewishlearning.com/article/selichot-prayers-of-repentance/
  • jewfaq.org/m/elul.htm
  • hebrew4christians.com/Holidays/Fall_Holidays/Elul/elul.html
  • Alfred J. Kolatch - Jüdische Welt verstehen
  • eigene Anmerkungen

 

Gottes Segen Euch allen!

 

1. Thessalonicher 5,23

"Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und  vollständig möge euer Geist und Seele und Leib untadelig bewahrt werden bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!"

 

Amen